Rauchverbot und Steuerschraube

Der österreichischen Gastronomie stehen harte Zeiten bevor

  • Hannes Hofbauer, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.
Österreich plant ein totales Rauchverbot in der Gastronomie. Es soll die schärfste Regelung in der Europäischen Union werden.

Ende vergangener Woche hat der österreichische Ministerrat die Novelle eines neuen Tabakgesetzes vorgelegt. Geplant ist das schärfste Rauchverbot in der EU. Dass es erst ab Mai 2018 gelten soll, bezweckt anscheinend, die Debatte darüber einschlafen zu lassen. Hinter dem vorgeschobenen gesundheitlichen Aspekt wird der Gastronomie damit ein Strukturwandel verordnet.

»Totales Rauchverbot«, lautete die Botschaft von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ), als sie zur Pressekonferenz luden. Medienwirksam präsentierte sich das ungleiche Paar mit riesigen Verbotsschildern, auf denen rot durchgestrichene Zigaretten zu sehen waren. Die Gesundheitsministerin trat erstmals seit Bekanntwerden ihrer Krebsdiagnose ohne Kopfbedeckung vor die Kamera, um mit den sichtbaren Folgen ihrer Chemotherapie gegen das Rauchen zu demonstrieren.

Der Regierungsvorschlag sieht ein Rauchverbot für alle gastronomischen Betriebe, Volksfeste, Shisha-Bars und Vereinslokale vor; einzig in Hotels sollen - ähnlich wie am Flughafen - Raucherlounges erlaubt bleiben, in denen allerdings nichts außer Zigaretten konsumiert werden darf. Und weil SPÖ und ÖVP schon im Verbotsrausch waren, trifft die Regelung auch E-Zigaretten und Wasserpfeifen, die ohne Nikotin geraucht werden. »Alles, was verdampft und vernebelt, egal ob mit oder ohne Nikotin, fällt darunter«, machte die Gesundheitsministerin klar, dass es ihr nicht nur um die Abwehr von Schädlichem, sondern auch um Genussverbote geht.

Bisher war in Österreich der Konsum von Zigaretten in bis zu 50 Quadratmeter kleinen Lokalen oder in extra dafür eingerichteten Gasträumen erlaubt. Diese Regelung hat viele Wirte und Cafetiers zu teuren Umbaumaßnahmen mit Trennwänden und automatischen Türkonstruktionen veranlasst. Im totalen Rauchverbot wären ihre Investitionen nutzlos. Dieses Argument dürfte auch für die lange Übergangsfrist bis zur Einführung des Verbots im Mai 2018 verantwortlich sein.

Neben SPÖ und ÖVP werfen sich vor allem die Grünen für das totale Verbot ins Zeug. Sie wollen, dass es früher kommt und denken auch über weitere öffentliche und private Räume (wie z. B. den Pkw) nach, in denen künftig Rauchen unter Strafe gestellt werden soll. FPÖ und die Partei Team Stronach für Österreich sehen mit derlei Verboten die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen gefährdet und stellen sich dagegen.

Wenig diskutiert wird der mit dem Rauchverbot absehbare Strukturwandel in der Gastronomie. In Zusammenhang mit einer kürzlich als Steuereintreibungsmaßnahme beschlossenen verpflichtenden Einführung von Registrierkassen und der Pflicht, Allergene auf der Speisekarte auszuweisen, geraten Wirte und Cafetiers immer mehr unter Druck. Vor allem für kleine, eigentümergeführte Lokale könnte der Mix aus Rauchverbot und dem Anziehen der Steuerschraube existenzbedrohend sein, ganz zu schweigen von den Shisha-Bars, von denen es allein in Wien etwa 200 gibt. Ihr Aus ist beschlossene Sache.

Ob das kleine »Beisl« ums Eck oder das von einem einzigen Eigentümer geführte Kaffeehaus den neuen gesetzlichen Vorgaben genügen können, ist mehr als fraglich. Stattdessen werden sich wohl, wie in vielen anderen Branchen, Ketten auch in der Gastronomie breit machen. Mit gutem Kapitalpolster und in allen Filialen demselben Angebot ausgestattet, ist es für sie ein Leichtes, Allergene auszuweisen, Registrierkassen aufzustellen und Rauchverbote einzuhalten.

Vorboten dieser neuen, strukturbereinigten Gastro-Welt wie Starbucks, oder Dunkin Donuts sind längst schon im Lande. Auch hochpreisige Hauben-Restaurants werden ohne Tabakkonsum überleben; in den Vorstädten droht allerdings ein Kneipensterben.

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