Wagenknecht und Bartsch sollen Linksfraktion führen

Vorschlag soll kommenden Montag offiziell gemacht werden / Hofreiter: Rot-Rot-Grün geht auch ohne Gysi / Fraktionschef der Grünen: »Der Ball liegt jetzt im Spielfeld der Linken«

  • Lesedauer: 4 Min.

Update 17 Uhr: Bei der Linken ist die Entscheidung für die Nachfolge von Fraktionschef Gregor Gysi praktisch gefallen. Die Bundestagsfraktion soll künftig von einer Doppelspitze aus Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch geführt werden. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur erklärten sich die beiden bisherigen Stellvertreter Gysis am Dienstag bei einem Treffen mit den Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger dazu bereit. Am kommenden Montag soll der Vorschlag offiziell gemacht werden.

Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch sind die Wunschnachfolger von Gregor Gysi. Tom Strohschneider über ein unfreiwilliges politisches Duo

Offiziell gab es für die Personalie von Partei und Fraktion zunächst keine Bestätigung. Eine Linke-Sprecherin sagte nur: »Die beiden Parteivorsitzenden werden am Montag in Absprache mit dem geschäftsführenden Vorstand die Vorschläge erörtern und dann einen Vorschlag machen.« Nach den Statuten der Linken haben die Parteivorsitzenden ein Vorschlagsrecht. Die Wahl soll am 13. Oktober stattfinden.

Auch der »Tagesspiegel« und die »Mitteldeutsche Zeitung« hatten bereits berichtet, dass sich Wagenknecht zu einer Kandidatur nun doch bereits erklärt habe.

Hofreiter: Rot-Rot-Grün geht auch ohne Gysi

Berlin. Nach der Ankündigung von Gregor Gysi, sich im Spätherbst von der Spitze der Linksfraktion im Bundestag zurückzuziehen, wird eine Doppelspitze aus den bisherigen Stellvertretern Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch immer wahrscheinlicher. Nach Informationen der »Mitteldeutschen Zeitung«, die sich auf führende Fraktionskreise beruft, hat Wagenknecht intern bereits ihre Bereitschaft zur Kandidatur erklärt, so dass der Geschäftsführende Parteivorstand am Montag eine entsprechende Empfehlung abgeben kann. Eine Mehrheit für Wagenknecht und Bartsch in der Fraktion gilt als gesichert.

Zuvor hatte der Sprecher des innerparteilichen Forums Demokratischer Sozialismus, Dominic Heilig, noch einmal für eine Doppelspitze aus Wagenknecht und Bartsch geworben. »Bei allen inhaltlichen Differenzen ist mein Maßstab, wie wir die Linke zu einer erfolgreichen Partei entwickeln«, sagte er der »Mitteldeutschen Zeitung«. Bartsch und Wagenknecht würden »ein breites Spektrum innerhalb der Linken« abbilden. »Beide Positionen mögen manches Mal Kritik hervorrufen. Zumindest aber beweisen beide Haltung und gehören deshalb zu den profiliertesten Politikern unserer Partei. Gemeinsam können wir die Zukunft der Linken in Europa erfolgreich bestreiten.« Wagenknecht und Bartsch gelten auch als die Wunschnachfolger von Gysi. Auch andere Linkenpolitiker hatten sich bereits für die beiden als künftige Fraktionsspitze ausgesprochen.

Linkenspitze: Vorschlag für Gysi-Nachfolge am 15. Juni
Holter: Option zum Mitregieren ist da - »überall« / Renner: Rot-Rot-Grün bleibt möglich - aber derzeit nicht genug Schnittmengen mit SPD / Linksfraktionsvize Korte plädiert für Wagenknecht und Bartsch als Nachfolger

Der Geschäftsführende Parteivorstand der Linken will am 15. Juni einen Vorschlag für die Nachfolge an der Fraktionsspitze präsentieren - das Vorschlagsrecht sieht die Geschäftsordnung der Fraktion vor. Auch Parteichef Bernd Riexinger hatte am Montag vor Journalisten in Berlin als mögliche Lösung eine Doppelspitze aus Bartsch und Wagenknecht genannt. »Wir glauben, dass wir in dieser Woche einen entscheidungsfähigen Vorschlag unterbreiten können«, sagte Riexinger. Er räumte ein, dass Wagenknecht vor drei Monaten die Übernahme des Fraktionsvorsitzes abgelehnt hatte. Dies habe er für »voreilig« gehalten, sagte Riexinger. Es würden nun Gespräche mit ihr geführt. Bartsch hat seine Ambitionen für den Fraktionsvorsitz bereits deutlich gemacht. Wenn es nicht zu einer Doppelspitze aus Bartsch und Wagenknecht komme, sei auch ein »völliger Neuanfang« mit anderen Fraktionsvertretern denkbar, sagte Riexinger.

Derweil sieht der Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter auch nach Gysis Rückzug sehen eine rot-rot-grüne Koalition auf Bundesebene als Option. »Der Ball liegt jetzt im Spielfeld der Linken. Sie muss sich entscheiden, ob sie bereit ist, das Land tatsächlich mit linker Politik zu verändern oder weiter nur Fundamentalopposition machen will«, so der Politiker gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er wünsche sich, dass es 2017 Alternativen gebe, sagte Hofreiter. Inhaltlich hätten SPD, Grüne und Linke in vielen Feldern eine ähnliche Stoßrichtung. »Die Linke muss mit ihrem linken Flügel klären, ob sie zu Kompromissen bereit ist. Sonst bleiben alle inhaltlichen Gemeinsamkeiten zwischen SPD, Grünen und Linken theoretisch.«

Auch die SPD-Linke Hilde Mattheis bezeichnete Rot-Rot-Grün als »eine Option für 2017«. Wenn ein solches Bündnis nur von Gysi abhängen würde, stünde es auf tönernen Füßen, sagte sie den Zeitungen. Ähnlich äußerte sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe: »Gysis Rückzug ist jetzt auch eine Chance, dass die Linkspartei die Frage der Regierungsbeteiligung für sich klärt.« Mit Blick auf die beiden Favoriten für die Gysi-Nachfolge, Wagenknecht und Bartsch, sagte Schwabe, auch die Parteilinke Wagenknecht werde sich die Frage neu stellen müssen, ob Opposition auf Dauer eine vernünftige Strategie sei. Agenturen/nd

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