Mod-Punk im Maßanzug

Lukas Sherfey über Musik, die etwas in Bewegung setzen will

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 4 Min.
Die dänische Mod-Band »The Movement« hat es sich zum Ziel gesetzt, ihre Hörer zum Widerstand zu ermutigen. 2002 von Lukas Sherfey gegründet, ist ihr Anspruch, »ein sauberes Leben unter schwierigen Umständen« zu führen.

Wie kamen Sie darauf, die Mod-Subkultur mit sozialistischen Ideen zu verbinden?
Ich war schon immer ein Fan von den frühen Who und den Kinks. Zeitgleich, Ende der 70er, kamen auch die ersten Mod-Bands auf, The Jam usw. Das verbindet sie mit Punk. Ich habe die Band »The Movement«, die Bewegung, genannt, weil sie ein Teil des Kampfes sein soll, sei es, wenn wir vor politischen Gefangenen spielen, oder im Baskenland, ob wir auf unseren Konzerten Geld für Palästina sammeln oder Faschismus bekämpfen. Unsere Musik ist für jeden, der sich links engagiert, seien es Sozialisten, Kommunisten, Anarchisten … Unsere Idee war immer, eine Botschaft mit einem coolen Stil zu verbinden, deshalb sind wir Mod.

Wie sieht Ihre Vision einer gerechten Gesellschaft aus?
Ich bin ein Optimist. Ich nehme wahr, wie viele junge Menschen über Gerechtigkeit reden. Die wollen gar kein eigenes Auto, wenn sie eins teilen können. Im Internet entsteht eine Kultur des Teilens. Technologie, mit den neuen Möglichkeiten zur Kommunikation, wird die nächste Generation einen großen Schritt Richtung Sozialismus/Kommunismus weiterbringen. Das alte System wird auseinanderfallen, die Europäische Union steht vor ihrem Ende. Im Kapitalismus ist die Krise der natürliche Zustand, mit wenigen Gewinnern und vielen Verlierern. Die Jungen wissen das, ohne Lenin gelesen zu haben. Frei nach Marx: »Nach dem Kapitalismus wird der Sozialismus sich erheben.«

In Ihren Texten geht es um zwei Themen: Sozialismus und Liebe. Ist das alles, was das Leben zu bieten hat?
Jeder, der auf diesem wunderschönen Planeten lebt, sollte die Möglichkeit haben, dessen Früchte zu genießen. Alle Arbeit, die verrichtet wird, sollte zum Wohl aller sein. Darum geht es beim Sozialismus. Liebe und Sozialismus sind zwei Seiten der selben Sache.

Im Faschismus geht es darum, Angst zu verbreiten, der Konservatismus möchte die Macht in den Händen weniger halten. Manche meiner Lieder kann man als Liebeslieder an eine bestimmte Person interpretieren, aber schaut man sich die Texte genau an, dann sind das Lieder, die die Botschaft haben, weiter zu kämpfen.

Die Linke in Lateinamerika erleidet gerade empfindliche Niederlagen, in Europa gibt es klare Tendenzen hin zu nationalistischer Politik. Ihre Heimat Dänemark verschärft die Gesetze gegen Flüchtlinge. Keine gute Zeit für Movement?
Das stimmt, aber es ist nie eine gute Zeit für eine Bewegung. Auf der anderen Seite gibt es viele »einfache« Dänen, die die Dinge selbst in die Hand nehmen, die sich organisieren und den Flüchtlingen helfen, sie an der Grenze abholen und sie mit dem Nötigsten versorgen, entgegen dem Willen der politischen Führung. Manchmal bedarf es einer Krise, um eine Revolution zu ermöglichen - und sie wird kommen. Selbst in Amerika, nach dem Hurrikan Katrina, hat die Bevölkerung die Krankenversorgung organisiert, kostenlos.

Das ist der Grund, weshalb die Menschheit überlebt hat, durch all die fürchterlichen Systeme hindurch - durch ihren Willen zu helfen und zu leben. Menschen sollten die Angst verlieren und die Macht zurückfordern, anstatt ihre Führer mit Mandaten auszustatten, um dann von ihnen versklavt zu werden!

Welche Rolle kann die Kunst in einer Zeit politischer und kultureller Krisen einnehmen?
Kunst kann inspirieren, sie kann als Spiegel fungieren, der aber eine andere Wirklichkeit darstellt. Kunst kann die Einsamen und Unglücklichen unterstützen, die denken, dass etwas falsch mit ihnen ist, weil sie mehr brauchen als die graue Masse.

Ist Ihre Musik der Gefahr ausgesetzt, ihre Autonomie zu verlieren, wenn sie absichtlich Kunst mit Politik vermischt?
Vielleicht, aber diese Gefahr besteht immer. Ich glaube nicht, das wir die politische Karte ausspielen. Ich fühle mich im Gleichgewicht und genieße auch die harten Zeiten. Ich denke, das ist der richtige Weg. Ich wäre nicht glücklich, wenn ich einfach nur Gitarre in einer Mainstream Band spielen würde. Ich mag es, dass wir eine Botschaft haben und gute Musik machen. Ich könnte das nicht voneinander trennen.

Das war auch nie ein Problem für uns, da wir Dinge anders machen als andere politische Bands. Wir ziehen uns anders an, unsere Melodien sind anders, wir haben Liebeslieder, wir haben einen Kontrast, der uns interessanter macht. Wir sind keine gewöhnliche Punk-Band, über die man nach zwei Sekunden alles weiß.

Konzert: 14.12., Schokoladen, Ackerstraße 169, Mitte, Einlass 19 Uhr, Beginn 20 Uhr.

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