Schulfach zweiter Klasse

Jürgen Amendt über die Bedeutung des Politikunterrichts

  • Lesedauer: 2 Min.

Flüchtlingsdebatte, Klimawandel, neuer Kalter Krieg zwischen dem Westen und Russland, Islamistischer Terror in Europa, Krieg in Syrien - selten waren die Zeiten so sehr von brisanten Themen bestimmt, die vom Einzelnen politische Haltungen abverlangen. Gleichzeitig werden in den Schulen die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer immer häufiger Opfer der Kürzungen. So stellte die Landesschülervertretung in Thüringen 2014 fest, dass die betreffenden Fächer mit die höchsten Ausfallquoten in dem Freistaat aufweisen. Mit 5,6 Prozent liegen sie deutlich über dem Gesamtschnitt. Am stärksten von Unterrichtsausfall betroffen, so die Landesschülervertretung, sei das Fach Sozialkunde. Rund jede achte Schulstunde fiel 2014 entweder ersatzlos aus oder wurde lediglich fachfremd vertreten.

Jetzt ist es nicht so, dass die Lehrer für die Fächer, die zur politischen Bildung der Jugendlichen beitragen sollen, fehlen; die entsprechenden Fächerkombinationen zählen zu den beliebtesten in den Lehrerstudiengängen an den Universitäten. Allerdings ist der Bedarf an Neueinstellungen gering, wie die Kultusministerkonferenz in einer Modellrechnung bis zum Jahr 2020 prognostiziert hat.

Der Widerspruch zwischen Stundenausfall und Lehrerangebot in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern einerseits sowie mangelnder Nachfrage der Schulen nach Lehrern andererseits ist offensichtlich. Er ist allerdings auch erklärbar. Der Lehrermangel in den Naturwissenschaften und in Mathematik ist mittlerweile so groß, dass die Schulen bei Stundenausfall Prioritäten setzen. Bevor man über einen längeren Zeitraum den Matheunterricht ausfallen lässt, setzt man notgedrungen den Unterricht in Sozialkunde auf Zeit aus. Angesichts der fortbestehenden Unterfinanzierung des Bildungssektors bedeutet das für die Zukunft der politischen Bildung an den Schulen nichts Gutes.

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