IG Metall fordert zu wenig

Jörg Meyer über die Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.

Bald beginnt die Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie. Der IG-Metall-Vorstand hat am Mittwoch nicht nur eine Lohnforderung zwischen 4,5 bis 5 Prozent empfohlen, sondern will auch »zur Erhöhung der Tarifbindung beitragen«, heißt es in der Mittelung. Ende Februar stimmen sich die Landesbezirke über ihre Forderungen ab.

Nach Angaben des größten Mitglieds im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) verdienten Beschäftigte in Betrieben ohne Tarifvertrag im Schnitt 24,6 Prozent weniger als ihre tarifgebundenen Kolleginnen und Kollegen. Das geht gar nicht, wenn man sich Gewerkschaft nennt und dazu noch eine proppenvolle Streikkasse und seit einigen Jahren steigende Mitgliederzahlen vorzuweisen hat. Die Unternehmensverbände schreien zwar rituell auf, dass das alles gar nicht geht und die Forderungen maßlos und zu hoch sind. Überdies die tariflosen Beschäftigten jetzt auch noch zum Streik aufrufen! Da gehen doch schon wieder hunderttausende Jobs über die Wupper wie weiland bei der Einführung des Mindestlohnes. Aber halt!

Etwas anders stellt es sich dar. Zwar hat die IG Metall auf ihrem Gewerkschaftstag im Oktober einen Beschluss gefasst, nach dem die Aufnahme des Arbeitskampfes erleichtert wird. Es bedarf bei eintägigen Streiks keiner Urabstimmung mehr. Damit verknüpft könnte mit dem Rückenwind der wieder zu erwartenden Warnstreikbewegung beispielsweise in Baden-Württemberg tatsächlich der ein oder andere Betrieb in den Flächentarifvertrag geholt werden, wenn es die Mitglieder gibt, und wenn die sich auch noch mobilisieren lassen. Viele Wenns ... Der Gewerkschaftstag hatte den Vorstand beauftragt, bis zur nächsten Tarifrunde ein Arbeitskampfkonzept vorzulegen. Das passiert nun.

Doch zwei grundlegende Fragen gibt es an die Forderungsempfehlung des IG-Metall-Vorstands: Um die Lohnforderung von 4,5 bis 5 Prozent zu rechtfertigen, erklärte IGM-Chef Jörg Hofmann, 2015 sei ein überdurchschnittlich gutes Jahr für die Metall- und Elektroindustrie gewesen, die Profite also überdurchschnittlich hoch, was auch und besonders an der gestiegenen Binnenkonjunktur durch die guten Abschlüsse der letzten paar Jahre liege. Das stimmt ja auch, aber warum wird dann die Forderung angesichts der Faktenlage und dazu weiter steigender Durchsetzungsmacht niedriger? In der Tarifrunde 2015 forderten die Metaller 5,5 Prozent.

Und es bleibt auch die Frage offen, wieso beispielsweise Werkverträge kein Thema für eine qualitative Forderung in der Tarifrunde waren; das zentrale Ärgernis in der IGM-Branchen. Wenigstens die Öffentlichkeit, die das Thema braucht, damit der Gesetzentwurf zur Eindämmung von miesen Werkverträgen und Leiharbeit wiedererkennbar aus dem Kanzleramt kommt, wo er derzeit nachverhandelt wird, könnte man so erreichen.

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