Platzeck versucht, sich vom BER zu lösen

Erinnerungslücken beim einstigen Chefaufseher

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Er hätte misstrauischer sein müssen, gesteht Matthias Platzeck im BER-Untersuchungsausschuss. Externe Kontrollen gab es nicht.

Das war für Matthias Platzeck sicher einer der unangenehmsten Termine der letzten Jahre. Sichtlich zerknirscht stellte sich der Ex-Ministerpräsident des Landes Brandenburgs, Ex-Aufsichtsrats- und langjähriger Vizeaufsichtsratschef der Flughafengesellschaft am Freitag den Fragen der Mitglieder des Berliner BER-Untersuchungsausschusses.

Antworten, die über die bisherigen Erkenntnisse zu den Ursachen der Pleitenserie hinausgehen, blieb er allerdings schuldig. An Vieles konnte er sich nicht mehr erinnern. Er habe auf Anraten seiner Ärzte sich nicht mehr mit Dingen beschäftigt, die ihn belasten, begründete er seine Erinnerungslücken. »Ich sollte mich davon lösen.« Platzeck hatte im Sommer 2013 einen Schlaganfall erlitten und danach seine politischen Ämter einschließlich des Aufsichtratsmandats niedergelegt. Weil er auch nichts mehr zum BER gelesen habe, kenne er auch den Bericht des Brandenburger Landesrechnungshofs zum BER nicht, erklärte er den verdutzten Abgeordneten. Außerdem habe er wenig Zeit gehabt, sich auf den Termin vorzubereiten. Er sei gerade in Russland gewesen und habe als Mitglied der Expertenkommission, die Deutschlands Atomausstieg vorbereitet, viel zu tun.

In dem Rechnungshofbericht wird der Flughafenleitung und ihren Kontrolleuren im Aufsichtsrat faktisch Missmanagement und Totalversagen vorgeworfen. Er stellt fest, dass der Flughafen zum geplanten Eröffnungstermin im Juni 2012 erst zur Hälfte fertiggestellt und die Verschiebung also nicht nur der nicht funktionierenden Entrauchung geschuldet war. Die Abgeordnete Jutta Matuschek (LINKE) wollte von ihm wissen, ob ihm dass denn nicht berichtet worden sei. Offenbar nicht, denn Platzeck konnte sich nur noch erinnern, dass von einer »sehr angespannten Situation« die Rede war, mit einem »temporären Provisorium« - gemeint ist die »Mensch-Maschine-Lösung« beim Brandschutz - sei die Eröffnung aber noch möglich.

Seine eigene Rolle im Aufsichtsrat, dem er immerhin seit 2003 angehörte, sieht er durchaus kritisch. »Ich hätte deutlich misstrauischer sein müssen«, sagte Platzeck. Er habe sich in mehreren Regierungserklärungen entschuldigt, aber »wenn man aus dem Rathaus kommt, ist man immer klüger«. Bis zum Crash des Eröffnungstermins habe es auch keinen Anlass zu Misstrauen gegenüber der Geschäftsführung gegeben. Erst danach fühlte er sich »hinters Licht geführt«, insbesondere vom technischen Geschäftsführer Manfred Körtgen und der Planergemeinschaft PGBBI. Beide wurden gefeuert, was sich bei den Planern als Fehler herausstellte. Dass der Aufsichtsrat der Geschäftsführung nicht genug auf die Finger geschaut habe, wies Platzeck zurück. »Es wurde klar und auch sehr hart nachgefragt«, womit er auch gleich seinem Ex-Aufsichtsratskollegen Klaus Wowereit bescheinigte, immer »exzellent vorbereitet« gewesen zu sein. »In den Sitzungen herrschte nicht irgendeine freundliche Stimmung.«

Dass der Aufsichtsrat einen Beschluss zurücknahm, die Geschäftsführung extern kontrollieren zu lassen, als Hartmut Mehdorn Flughafenchef wurde, erklärte Platzeck so: »Wir wollten Herrn Mehdorn nicht mit einem von ihm als solchem empfundenen Misstrauensvotum konfrontieren.«

Dem Grünen-Abgeordneten Andreas Otto kam das »komisch« vor. »Jemand, der einmal so reingefallen ist mit Schwarz und Körtgen, der wirft sich auch dem nächsten Geschäftsführer wieder an den Hals und vergisst jegliche Kontrolle?« Vertrauen sei gut, Kontrolle wäre besser gewesen, kommentierte Otto. Die Aussagen Platzecks machten deutlich, wie leichtfertig die Aufsichtsratsmitglieder mit den BER-Problemen umgegangen seien.

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