Sie kamen nur, um zu provozieren

Strafverfahren gegen zwei Thor-Steinar-Leute gegen hohe Geldbußen eingestellt

  • Lesedauer: 3 Min.
Peter Kirschey aus Berliner Gerichtssälen.
Peter Kirschey aus Berliner Gerichtssälen.

Mit Nazigehabe lässt sich gutes Geld verdienen. Dazu muss man nicht unbedingt einer aus der braunen Rotte sein, nur den modischen Geschmack der rechten Szene treffen. Diesen Riecher hatte Uwe M., als er mit seinem Partner 2003 nahe Königs Wusterhausen die Firma Mediatex gründete und die Klamottenkollektion Thor Steinar kreierte. Seitdem versucht die Truppe mit wechselndem Erfolg, sich über Deutschland auszubreiten.

Das nicht ganz billige Thor-Steinar-Textil steht nicht für einen Modetrend, sondern für Gesinnung. Die rechte Szene fühlt sich wohl in Thor-Steinar-Klamotten. Doch deshalb standen der flotte, sonnenstudiogebräunte, schwarzbebrillte und aufgegeelte Herr Uwe und seine ebenso flotte kamerascheue Geschäftspartnerin Franciska K. gestern nicht vor Gericht. Sie waren des Hausfriedensbruchs angeklagt.

Das Geschehen liegt schon ein Jahr zurück. Der Thor-Steinar-Mann musste gerade seinen Laden mit dem unverfänglichen Namen »Tönsberg« wegen arglistiger Täuschung im »Berlin Carré« am Alexanderplatz aufgeben und sich ein neues Quartier suchen. Gleich um die Ecke, in der Rosa-Luxemburg-Straße, wollte er sich erneut festsetzen. Dagegen regte sich energischer Widerstand von Anwohnern und Gewerbetreibenden. Sie wollen keine rechte Spielwiese in ihrer Nähe.

In der Galerie »emyt« am Luxemburgplatz trafen sich in den Abendstunden des 16. Juli des letzten Jahres Mitglieder der Initiative »Mitte gegen Rechts«, um eine weitere Verlegung von »Stolpersteinen« für ermordete jüdische Berliner vorzubereiten. Da tauchten plötzlich die »Tönsberg«-Betreiber Uwe und Franciska in der Galerie auf, um zu provozieren. Sie wollten der Galerie einen Dankesbesuch abstatten, höhnten sie. Durch die antifaschistischen Proteste sei ihr Laden bundesweit bekannt geworden und die Kundschaft ströme nun in großen Scharen.

Dass sie in dieser Runde unerwünschte Personen seien, wurde ihren mehrfach freundlich, aber bestimmt klargemacht. Die Beiden provozierten jedoch weiter, beleidigten die Anwesenden und machten keine Anstalten, den Raum zu verlassen. Die Drohungen richteten sich auch gegen Anna, eine Antifaaktivistin aus der Gruppe. Sie solle künftig auf ihre Gesundheit achten, wurde ihr unverhohlen gedroht. Eine feine Art des Terrors. Im gestrigen Prozess konnte Anna ihre Erregung kaum verbergen. Ja, sie habe die Drohung durchaus ernst genommen. Rechte Gewalttaten haben im letzten Jahr deutlich zugenommen. Wer einmal ins Fadenkreuz der Neonazis gerät, der kann sich seines Lebens nicht mehr sicher sein.

Die Amtsrichterin entschied sich nach Absprache mit Staatsanwaltschaft und der Verteidigung der beiden Angeklagten, den Prozess ohne Hauptverhandlung zu beenden. Gegen eine Geldbuße von 4000 Euro gegen Herrn Uwe und 1400 Euro gegen Frau Franciska wurde das Verfahren eingestellt. Auch ohne Gerichtsurteil ist die Schuld der beiden »Modeverkäufer« erwiesen, denn ohne ein Geständnis hätte keine Geldstrafe ausgesprochen werden können. Damit war der Prozess nach nur wenigen Minuten beendet. Die beiden Angeklagten nahmen die Geldstrafe locker mit einem Lächeln hin.

Die Thor-Steinar-Leute haben Beziehungen zur rechten Szene stets verneint. Doch ihre scheinbar unverfänglichen Textilien orientieren sich an völkischen Motiven und einer Symbolik, die in der Tradition der SS und des Germanenkults angesiedelt sind. Dabei wandeln sie mit ihrem mehrfach modifizierten Logo immer am Rande der Verfassungsfeindlichkeit. Da Nazisymbole in diesem Land unter Strafe stehen, versucht man es mit Ersatzsymbolik. Bei NPD-Mitgliedern und Sympathisanten kommen die T-Shirts gut an. Gleichzeitig missbraucht Thor Steinar die norwegische Staatsflagge für seine Erzeugnisse, so dass die norwegische Regierung sich genötigt sah, mehrfach gegen die rechts Modemarke zu protestieren. Doch das hält die Steinar-Leute nicht ab, weiter auf rechte Gesinnung zu setzen, um daraus Profit zu schlagen.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal