Auftakt des Prozesses gegen Nazigegner Lothar König geplatzt

Linken-Politiker Ramelow: Besser wäre, das gesamte Verfahren sofort zu beenden

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin (nd). Der Prozess gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König am Dresdner Amtsgericht wird nicht wie geplant an diesem Dienstag beginnen. König wird im Zusammenhang mit den Antinazi-Protesten vom Februar 2011 schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen. Er soll laut Anklage Demonstrationsteilnehmer zum Widerstand gegen die Polizei aufgewiegelt haben. Nun fand Königs Verteidiger Johannes Eisenberg in der Prozessakte, die er erst am 14. März am Dresdner Gericht einsehen konnte, ein etwa 100 Seiten dickes „Konvolut von Lichtbildmappen, CD-Rom mit anklagerelevantem Videomaterial und polizeilichen Auswertungsmaterialien“. Dies alles, so Eisenberg in einer Erklärung, sei nur mit einem Gummiband zusammengehalten und „weder paginiert noch eingeheftet“, also nicht ordnungsgemäß als Teil der Prozessakte registriert. Zudem enthalte das Material kein Datum; klar sei nur, dass es der Akte erst nach Anklageerhebung hinzugefügt, der Verteidigung jedoch bisher vorenthalten wurde. Da der zuständige Richter in Dresden diesen Vorgang vorerst nicht erklären kann, wurde der für den 19. März geplante Prozessbeginn aufgehoben.

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, sagte, die Panne beim Prozess gegen König sei ein weiterer Beleg dafür, dass »das Gebaren der sächsischen Justiz seltsame Blüten treibt«. Hier liege Ramelow zufolge »offenkundig eine Form der Zwanghaftigkeit vor, bei der selbst rechtsstaatliche Prinzipien auf der Strecke bleiben«. Die Absage des Termins am Dienstag sei »zwar folgerichtig, besser wäre allerdings, das gesamte Verfahren sofort zu beenden«. Man könne es nicht ohne Widerspruch hinnehmen, dass die Justiz »offenkundig stellvertretend für die gesamte aktive Bürgerschaft, die sich gegen Neonazis engagiert«, gegen König vorgehe. Es sei »mehr als bitter, dass dies dieselbe Staatsmacht ist, die bei NSU dachte, nicht hinschauen zu müssen, die sich für nichts zuständig fühlte und meinte, für nichts Verantwortung tragen zu müssen«, so Ramelow.

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