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Kamera im Knopfloch

Velten Schäfer über eine polizeikritische Initiative in den USA

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 1 Min.

In dem Zukunftsroman »The Circle« nötigt ein Onlinekonzern zuerst Politiker und dann Bürger, stets eine Minikamera zu tragen und deren Bilder ins Netz zu stellen. Korruption und Verbrechen sollen so besiegt werden - eine liberal gemeinte Initiative, die sich zu einer totalitären Logik von »Privatsphäre ist Diebstahl« verdichtet.

Ein Jahr nach dem Buch soll die Knopflochkamera nun für US-Polizisten Realität werden - wenn es nach mehr als 100 000 Unterzeichnern einer Petition geht. Die Intention ist nach dem Polizeimord in Ferguson kritisch: Der nächste Todesschütze könne dann nicht auf Notwehr plädieren.

Das wäre radikaler als die in Deutschland geforderte Kennzeichnungspflicht. Doch würde die Idee gerade deren Befürworter erschrecken. Schließlich würde so auch stets dokumentiert, wer wo auffiel - und wie er dabei aussah. Wer wollte wetten, dass das nicht öffentlich wird? Dass nicht irgendwann eine Videoakte vom Arbeitgeber eingefordert wird?

Die Idee erinnert nicht nur an Russland, wo man sich mit Cockpitkameras wiederum vor Polizeiwillkür schützt. Sie gehorcht der gleichen Logik einer ständigen Pflicht zum Unschuldsbeweis. Geboren werden solche Ideen in einem Umfeld zutiefst zerrütteter Institutionen. Glücklich also das Land, das - noch - nicht auf solche Gedanken kommen muss.

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