Sympathisiert die Polizei in Sachsen mit Pegida?

SPD-Landeschef Martin Dulig befürchtet bei Beamten große Sympathien für rassistische Bewegung und AfD / Indirekte Kritik am CDU-Regierungspartner / Leipzigs OB Jung: Warum überwacht man Gida-Hetzer nicht?

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Kritik aus den Reihen der sächsischen Landesregierung an der Polizei dürfte Seltenheitswert besitzen. Noch dazu im Zusammenhang mit Pegida und anderen rechten Gruppierungen im Freistaat. Die schwarze-rote Koalition in Dresden und insbesondere die CDU unter Ministerpräsident Stanislaw Tillich tun sich außerordentlich schwer damit, einen Zusammenhang zwischen 25 Jahre Regierung und einem Erstarken rassistischer Tendenzen im Freistaat herzustellen. Erst vor wenigen Tagen erklärte Tillich, dass es in Sachsen zwar ein Problem mit Rechtsradikalen gäbe, die Ursachen dabei aber keinesfalls in den Reihen der Landesregierung und deren Staatsführung zu suchen seien.

Der Koalitionspartner SPD scheint sich indes nicht dieser Sichtweise anschließen zu wollen. Sachsens SPD-Chef Martin Dulig erklärte in einem Interview, innerhalb der Polizei besondere Sympathien für die rassistische Pegida-Bewegung und die rechtspopulistische AfD zu erkennen. Dulig frage sich, »ob die Sympathien für Pegida und die AfD innerhalb der sächsischen Polizei größer sind als im Bevölkerungsdurchschnitt«, so der stellvertretende Ministerpräsident gegenüber der Wochenzeitung »Die Zeit«.

Er habe beobachtet, dass es bei den Sicherheitsbehörden im Freistaat »großen Nachholbedarf bei der interkulturellen Kompetenz – und bei der Führungskultur« gebe. Duligs Antwort ist insofern auch eine indirekte Kritik am CDU-geführten Innenministerium unter Markus Ulbig, in dessen Zuständigkeit die Polizeiarbeit fällt. »Wir haben nicht nur ein quantitatives Problem bei der Polizei, sondern auch ein qualitatives«, so der SPD-Chef anlässlich der Ankündigung Tillichs, nach einem jahrelangen Abbau an Dienststellen nun wieder mehr Beamte einstellen zu wollen.

Besonders häufig werde Dulig von Bürgern gefragt, was Landespolitik und Polizei aus den rechtsradikalen Ausschreitungen in Heidenau im vergangenen Sommer gelernt hätten. »Diese Frage stelle ich auch: Was hat Sachsens Polizei seit Heidenau gelernt?« Er frage sich ernsthaft, ob die Lageeinschätzung von Polizei und Verfassungsschutz im Freistaat zuletzt immer angemessen gewesen sei. Konkret bezog sich der SPD-Landeschef dabei auch auf die jüngsten Vorfälle in Clausnitz, wo ein wütender rechter Mob den Einzug von Flüchtlingen in eine Unterkunft zu verhindern suchte und der für die Region zuständige Chemnitzer Polizeipräsident Uwe Reißmann im Nachhinein erklärte, die Asylsuchenden seien die eigentlichen Täter gewesen. »Warum hat das keine Konsequenzen?«

Auch hier übt Dulig indirekt Kritik an Ulbig. Auf die Frage, ob er dem sächsischen Innenminister noch vertraue, sagte der stellvertretende Ministerpräsident: »Ich stelle lediglich Fragen, zu denen ich noch keine befriedigenden Antworten gehört habe. Wer in Sachsen Innenminister ist, bestimmt in der Koalition die CDU.«

Mit seiner harten Kritik an der Polizei ist Dulig allerdings nicht der Erste innerhalb der sächsischen SPD. Erst am Montag hatte Leipzig Oberbürgermeister Burkhard Jung deutliche Worte zum Umgang der Beamten mit Pegida gefunden. »In Sachsen hält man die massenhafte Funkzellenüberwachung bei Gegenprotesten für ein legitimes Mittel, man überwacht aber nicht die Gida-Hetzer. Und zugleich stört man sich nicht daran, dass verängstigte Flüchtlinge und weinende Kinder aus einem Bus gezerrt werden«, so Jung in einem Gastbeitrag für den »Tagesspiegel«.

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