Verschlungene Wege zum Klimaziel
Rot-rote Koalition, Energiepolitik, Braunkohle. Um einen Vortrag darüber zu halten, weilte Dagmar Enkelmann, Vorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung, gerade in Lateinamerika. Dort entdeckte sie bei Facebook die Mitteilung, dass der frühere Landtagsabgeordnete Michael-Egidius Luthardt (LINKE) aus der Partei austritt - wegen der drohenden Absenkung der Klimaschutzziele im rot-rot regierten Land Brandenburg.
Mehr als sechs Wochen alt ist die Nachricht, dass Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) kaum noch eine andere Möglichkeit sieht. Bislang gilt: Bis spätestens 2030 soll der CO2-Ausstoß um 72 Prozent reduziert sein, wobei als Ausgangsbasis der Wert des Jahres 1990 genommen wird. Im Koalitionsvertrag, den SPD und LINKE nach der Landtagswahl 2014 abgeschlossen haben, stehen die 72 Prozent genauso wie in der Energiestrategie des Landes. Von 55 bis 62 Prozent spricht der Wirtschaftsminister nun. Unterstützung erhält er von SPD-Fraktionschef Mike Bischoff. »Es macht keinen Sinn, Zahlen von vor zehn Jahren hinterherzujagen, die unrealistisch sind«, sagte Bischoff am Dienstag. Er fügte hinzu: »Ich sehe hier keine unterschiedlichen Meinungen in der Koalition.«
Linksfraktionschef Ralf Christoffers äußerte bereits vor sechs Wochen, die Klimaschutzziele seien vermutlich wirklich nicht bis 2030 zu erreichen. Das sieht die frühere Umweltministerin Anita Tack (LINKE) anders. Auch Dagmar Enkelmann sieht es anders und Luthardt sowieso. Der hat mit seinem Parteiaustritt Konsequenzen gezogen. »Ich bedauere jeden Austritt«, reagierte Christoffers. »Ich hätte mir gewünscht, dass der Kollege Luthardt vorher das Gespräch gesucht hätte. Das war nicht der Fall.«
Christoffers wehrt sich gegen die Formulierung, eine Absenkung der Klimaziele sei geplant. »Es gibt dazu keine politischen Entscheidungen und zwar von niemandem«, betont er. Es gebe die »politische Suche nach Wegen«, da die CCS-Technologie zur Abscheidung und Verpressung von CO2 nicht zur Anwendung komme und Gaskraftwerke nicht gebaut worden sind.
Am Dienstag traf sich die Linksfraktion zu ihrer ersten Sitzung nach der Sommerpause. Die Abgeordneten sprachen dabei auch über das Klimaziel, wie Christoffers auf Nachfrage berichtete. Man habe sich verständigt, dass es tatsächlich noch keine Entscheidungen gebe und das die Bundestagswahl am 24. September abzuwarten sei.
Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sprach indessen von einer sich abzeichnenden Abkehr der rot-roten Landesregierung von der Energiestrategie 2030. Vogels Meinung nach hat die Regierung vor der Lausitzer Energie AG die weiße Fahne gehisst. Dies ist einer von drei Punkten, die Axel Vogel aufzählte, um eine Regierungserklärung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zu fordern. Woidke soll über das Klimaziel, die Kreisgebietsreform und den Flughafen BER sprechen.
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