Der Mann vom Imagefilm wirft hin

Schleswig-Holstein: Neuer Ärger bei Polizeiausbildung

  • Dieter Hanisch
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Landespolizei Schleswig-Holstein sieht sich neuerlichen Vorwürfen ausgesetzt, dass es im Rahmen der Ausbildung von Polizeischülern zu rassistischen Äußerungen gekommen sei. Das Innenministerium bestätigte, dass in mehreren Fällen die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wurde.

Vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass im August in der Landespolizeischule Eutin ein Ausbilder auf die Störung des Verkehrsrechtsunterrichts durch einen Polizeianwärter mit offenbar türkischen Wurzeln mit den Worten »Hau dem Türken doch mal aufs Maul« reagiert haben soll. Nun prüft die Staatsanwaltschaft in Lübeck, ob die rassistische Entgleisung sich tatsächlich so zugetragen hat. Gegen den Ausbilder läuft in diesem Zusammenhang auch ein Disziplinarverfahren.

Und inzwischen kam auch der Fall des in Kamerun geborenen Ewane Makia an die Öffentlichkeit. Der Mann warf seine 2016 begonnene Polizeiausbildung im Juli überraschend hin, weil er sich offenbar einem rassistischen Mobbing-Druck ausgesetzt sah. So soll in einem Gespräch unter Ausbildern der 29-Jährige als »Quotenneger« bezeichnet worden sein. Die Ermittlungen haben bisher keinen Urheber für besagte Titulierung ergeben.

Makia hat in der Angelegenheit dem Vernehmen nach auf eine Strafanzeige verzichtet, aus Angst sich seine berufliche Zukunft zu verbauen. Aus Polizeikreisen ist indessen zu hören, dass Vorgesetzte sich an Makia gewandt haben sollen, um ihm darzulegen, dass man ihn für ungeeignet halte und er die falsche Berufswahl getroffen habe.

Der gebürtige Westafrikaner war im Vorjahr einer von 15 Polizeianwärtern mit ausländischen Wurzeln. Die Landespolizei hatte sogar einen Imagefilm mit ihm gedreht, denn der Ruf der Ausbildungsstätte hatte massiv gelitten, als im Frühjahr 2016 bekannt wurde, dass es - zurückreichend ins Jahr 2014 - gegenüber Polizei-Anwärterinnen zu sexistischen Bemerkungen und Anzüglichkeiten gekommen war. Viele davon geschahen im Rahmen einer WhatsApp-Chatgruppe. Bis heute sind die genauen Vorgänge dazu nicht öffentlich aufgeklärt worden. Patrick Breyer von der Piratenpartei bemängelt, dass die Verantwortlichen das Thema immer noch unter der Decke halten.

Am Montag bedauerte die Polizeiführung in einer Pressekonferenz, dass es möglicherweise zu neuerlichen Verfehlungen gekommen sei. Es handele sich um Einzelfälle, doch jeder Einzelfall sei bereits einer zu viel, sagte der leitende Polizeidirektor Michael Wilksen. In der Ausbildungsordnung soll nun künftig dem Thema Migration eine größere Rolle beigemessen werden. Dies wolle man laut Wilksen vornehmlich in anschaulichen Rollenspielen mit den angehenden Polizeibediensteten bewältigen. Seitens der Polizeigewerkschaften ist unterdessen zu hören, dass sich in der Ausbildung auch nach der WhatsApp-Affäre bisher nichts Bahnbrechendes verändert habe.

Der Berufswunsch Polizeibeamter ist dabei durchaus populär. Zuletzt hatten sich auf 350 Stellen 3766 Bewerber gemeldet. Am Sonntag leistete der aktuell gestartete Ausbildungsjahrgang in Eutin vor rund 2000 Besuchern seinen öffentlichen Diensteid. Dabei kam es zu einem unliebsamen Zwischenfall: Als die Nationalhymne abgespielt wurde, zeigten nach Zeugenaussagen zwei Männer aus dem Publikum den Hitlergruß. Die Polizei nahm die Personalien auf und erteilte einen Platzverweis. Beide müssen nun mit einer Strafanzeige rechnen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal