Unter Tarif für ein wenig Glamour

LINKE fordert gerechtere Bezahlung in Medienbranche - Studie belegt Nachteile für Frauen

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Job in der boomenden Medienbranche der Hauptstadtregion, vor allem bei großen TV- und Kinoproduktionen, verspricht Glamour, Prestige und gute Karrierechancen. Allzu oft aber ist er verbunden mit finanziellen Entbehrungen und sozialer Unsicherheit - ganz besonders für Berufseinsteiger, junge Leute und Freiberufler. Und meist werden Frauen in vergleichbarer Position schlechter gestellt als ihre männlichen Kollegen. Das geht aus einer »Studie zur sozialen Lage, Berufszufriedenheit und den Perspektiven der Beschäftigten der Film- und Fernsehbranche am Standort Berlin-Brandenburg« hervor, die die Linksfraktionen des Landtages Brandenburg und des Berliner Abgeordnetenhauses am Dienstag in Potsdam vorgestellt haben. In deren Auftrag wurde sie vom Berliner Büro »Langer Media research & consulting« auf Basis einer bundesweiten Online-Befragung erstellt.

8117 Menschen sind in den Ländern Berlin und Brandenburg in der Film- und Fernsehbranche beschäftigt - abhängig Beschäftigte und Selbstständige beziehungsweise Freiberufler. Damit liegt der Medienstandort noch vor Bayern (7833) auf Platz zwei hinter Nordrhein-Westfalen (11 554). Laut der Studie beträgt das durchschnittliche Jahreseinkommen in Berlin-Brandenburg 38 996 Euro. Es ist damit im Vergleich mit den anderen Filmstandorten das zweithöchste und liegt klar über dem bundesweiten Branchendurchschnitt (38 672 Euro). Damit liegt diese Branche auch mehr als deutlich über dem Durchschnittsverdienst in der Region, der 2016 in Brandenburg bei 28 100 Euro und in Berlin bei 33 500 Euro lag.

Das räumte auch Volkmar Schöneburg, medienpolitischer Sprecher der LINKE-Landtagsfraktion, ein. »Der Teufel steckt dabei wie immer im Detail«, betonte er. Betrachte man die unterschiedlichen Altersgruppen, so falle auf, dass etwa die unter 30-Jährigen mit einem durchschnittlichen Bruttojahreseinkommen von 14 861 Euro deutlich schlechter dastehen. Bei den 30- bis 39-Jährigen liege es bei 30 746 Euro. Bedeutende Einkommensunterschiede gebe es auch zwischen einzelnen Berufsgruppen sowie zwischen jenen, die vorwiegend für das Fernsehen oder vorwiegend für das Kino arbeiten.

Von den insgesamt 3827 bundesweit Befragten waren 1215 in Berlin wohnhaft und 99 in Brandenburg. Von Letzteren gaben 60 Prozent ein Jahreseinkommen von unter 30 000 Euro an, ein Viertel lag über 50 000 Euro - fünf Prozent von ihnen werden pro Jahr sogar zwischen 100 000 und einer Million Euro überwiesen. Von der Studie ausgenommen waren rbb-Mitarbeiter.

Die medienpolitische Sprecherin der Berliner Linksfraktion, Anne Helm, machte darauf aufmerksam, dass Frauen gegenüber gleichgestellten männlichen Branchenkollegen noch immer im Schnitt fast ein Drittel weniger verdienen. Zudem hätten 38 Prozent der befragten Frauen die schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie und 17 Prozent Diskriminierungserfahrungen aufgrund ihres Geschlechts beklagt. Bei ihnen summiere sich ungerechte Bezahlung mit sozialem Stress und Zeitdruck.

Die soziale Lage vieler Medienschaffender in der Region bezeichnete Schöneburg als prekär. Sie sei gekennzeichnet durch fehlende soziale Absicherung und drohende Altersarmut. Viele müssten unter Verhältnissen arbeiten, »die ins Prekäre abgleiten«. 68 Prozent hätten angegeben, von den Einkommen aus ihrer Haupttätigkeit in der Film- und Fernsehbranche allein nicht leben zu können. Tariflich vereinbarte Gagen würden oft - vor allem bei Low-Budget-Produktionen - unterlaufen. Betroffen seien vor allem Freiberufler, von denen 56 Prozent nach eigenen Angaben nicht immer in Höhe der Tarifgage vergütet werden, 17 Prozent nie.

Die LINKE fordere daher, dass öffentlich-rechtliche Auftraggeber bei Produktionen verpflichtet werden müssten, Tarifregelungen einzuhalten, erklärten Schöneburg und Helm. Auch die Vergabe öffentlicher Fördermittel, etwa durch das Medienboard Berlin-Brandenburg, müsse an solche Vorgaben gebunden werden. Zudem treten beide Fraktionen für die langfristige Erhaltung und Stärkung der bestehenden Altersvorsorgemodelle Künstlersozialkasse und Pensionskasse Rundfunk ein.

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