Erdöl, Erdgas und säckeweise Salz

Firma CEP versucht, Anwohnern die Angst zu nehmen. Bürgerinitiative bleibt misstrauisch

Als Pressesprecherin Katrin Schwede das Auto am Gasthaus »Zum neuen Krug« rückwärts eingeparkt hat, blickt Kommunikationschef Stephan Grafen über die Schulter und fragt sie: »Kann es sein, dass Du den Notausgang zugestellt hast?« Schwede schaut in den Rückspiegel und bestätigt: »Ein bisschen.« Mehr Worte verlieren sie nicht darüber. Schwede startet den Wagen noch einmal und rangiert ihn ein Stück zur Seite.

Sicherheit wird groß geschrieben bei der Central European Petroleum GmbH (CEP). Obwohl Grafen auch privat zur Vorsicht neigt, nennt er es doch »extrem«, wie die CEP darauf achtet. So hat er das noch bei keiner anderen Firma erlebt. Es sind nicht zuletzt die Sicherheitsvorschriften, über die Katrin Schwede in dem Gasthof in Leibchel aufklärt, bevor am Freitag und Sonnabend Besuchergruppen mit einem Shuttlebus zur Besichtigung des etwa zwei Kilometer entfernten Bohrplatzes bei Guhlen gefahren werden. Dort erkundet die CEP, ob die hiesigen Lagerstätten von Erdöl und Erdgas ergiebig genug sind, um die Rohstoffe mit Gewinn zu fördern. Die Anwohner sollen sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass von den Arbeiten keine Gefahren ausgehen, dass sich niemand Sorgen um die Qualität des Trinkwassers machen müsse, das in nur 400 Metern Entfernung entnommen wird.

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Am Eingang werden die Gäste mit Bauhelm, Schutzbrille und Warnweste ausgestattet. Dann beginnt Bohringenieur André Beck mit einer 45-minütigen Führung rund um den Bohrturm. Gleich zu Beginn zeigt er an einer fast mannshohen Röhre aus vier Schichten Stahl, wie die Bohrung gegen das Grundwasser abgedichtet wird. Zwischen den Stahl kommen noch vier Schichten Beton, erläutert er. Und wenn die Arbeiter auf Öl stoßen, wird es nicht mit einer Fontäne herausspritzen, wie das der eine oder andere vielleicht mal in einem Spielfilm gesehen habe. »Das ist Quatsch. Das passiert hier nicht«, beteuert Beck.

Trotzdem ist der Bohrplatz zum Schutz des Grundwassers asphaltiert, der innere Bereich um den Bohrturm sogar betoniert und mit einer Kante versehen, über die Flüssigkeiten nicht so schnell hinweglaufen können. Denn neben dem Bohrturm brummen große Notstromaggregate, um für die notwendige Energie zu sorgen. Diese Aggregate werden mit Diesel betrieben. »Wir sind bei vollem Betrieb«, betont Beck. Da sei wegen der Gäste nichts heruntergeregelt, mehr Lärm werde wirklich nie erzeugt. Es ist nicht besonders laut.

Für die Spülung des Bohrlochs wird Salz benötigt, das säckeweise bereitsteht. Hinweise warnen vor Stoffen, die Trinkwasser verderben könnten. Aber solche Stoffe befinden sich auch in einer Flasche Cola oder in eine Packung für das Zubereiten eine Speisecreme. Die Flasche und die Packung stehen in einem Pappkarton bereit, zusammen mit einem handelsüblichen Putzmittel, das ebenfalls so einen vorschriftsmäßigen Warnhinweis enthält. Beck kann diese Dinge vorzeigen, während er erläutert, dass es auf Mischung und Konzentration ankomme. Warum gibt sich die CEP solche Mühe, die Besucher für sich einzunehmen?

2012 hatte der damalige brandenburgische Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE) nach einem Beispiel dafür gesucht, dass sich Unternehmen für die strengen Umweltauflagen in Deutschland bedanken können. Christoffers nannte die CEP, die in der Nähe des Schwielochsees nach Erdöl bohre - und niemand rege sich darüber auf. Denn wegen der strikten Auflagen könne die CEP belegen, dass keine Gefahr für Mensch und Natur bestehe.

Doch die Lage hat sich geändert. Es gibt inzwischen jemanden, der sich aufregt - die Bürgerinitiative »Gegen Gasbohren im Oberspreewald«. Diese protestiert am Freitagnachmittag knapp eine Stunde lang auf der Wiese vor dem Bohrplatz. Etwa 60 Leute haben sich versammelt. Hineinkommen und sich alles mit eigenen Augen ansehen, wollen sie nicht. Sprecher Thomas Jacob hat ein solches Angebot mit der Begründung abgelehnt: »Wir sind keine Fachleute und verstehen sowieso nicht, was die uns da zeigen.« Man wolle die CEP hier nicht, weil es Bohrungen in der Nähe von 20 Dörfern geben würde, wenn die Erdöl- und Erdgasförderung genehmigt wird. Außerdem gebe es die Befürchtung, dass Gesundheit und Tourismus Schaden nehmen.

Die CEP bedauert, dass die Bürgerinitiative den Bohrplatz nicht betreten wollte. Stephan Grafen, Katrin Schwede und ihre Kollegen vertrauen auf die Kraft ihrer Argumente und finden es schade, wenn sie diese Argumente nicht anbringen können. Bis zu 150 Besucher pro Tag hätten am Freitag und Sonnabend vielleicht positiv beeinflusst werden können. So viele sind am Freitag aber nicht erschienen. Es seien allerdings mehrere Leute gekommen, die sich schon bei der Bürgerinitiative informiert hatten und nun die andere Seite hören wollten, berichtet Schwede. Auch seien bei den Führungen einige alte Bohrexperten dabei gewesen, die einmal sehen wollten, wie sich die Technik weiterentwickelt hat, seit sie in Rente gegangen sind.

Es ist sehr kalt und eine Frage lautet, wie frostig es für eine solche Erkundungsbohrung maximal sein dürfe. »Bei minus 55 Grad hören wir auf«, schmunzelt Ingenieur Beck. Aber so abwegig ist die Vorstellung gar nicht. Fachleute wie er kommen viel herum. In Sibirien hat er schon bei 50 Grad Celsius minus gebohrt, in heißen Gegenden der Welt bei 50 Grad plus. Während er solche Dinge erzählt, passt er auf, dass die Gruppe zusammenbleibt und bloß niemand stolpert. Sicherheit wird nun einmal groß geschrieben. Aber Thomas Jacob und seine Mitstreiter von der Bürgerinitiative lassen sich davon nicht beeindrucken. Sie bleiben misstrauisch.

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