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»Der Wasserballgott hatte eine deutsche Badehose an«

Bundestrainer Hagen Stamm hat die Olympischen Spiele 2020 im Visier - freut sich zunächst aber über die Auslosung der WM-Gruppen

  • Thomas Lipinski und Jörg Soldwisch, Gwangju
  • Lesedauer: 2 Min.

Eigentlich wollte Hagen Stamm nur kurz aushelfen. Doch die Bitte seines Sohnes wollte Deutschlands »Mister Wasserball« nicht abschlagen. »Marko hat gesagt: ›Papa, mach’s noch mal! Ich will die Chance haben, nach Tokio zu fliegen‹«, so der 59-Jährige. Seit zweieinhalb Jahren ist Stamm zum zweiten Mal Bundestrainer - und die deutschen Wasserballer sind wieder aufgetaucht.

»Wir haben lange genug Abstinenz geübt, wir sind jetzt wieder da«, sagt der Berliner mit Stolz vor der WM in Gwangju. In Südkorea gibt das Team um Kapitän Marko Stamm am Montag gegen Japan sein Comeback, nachdem es die vergangenen beiden WM-Turniere ebenso wie die Olympischen Spiele 2012 und 2016 verpasst hatte. Mit Hagen Stamm ist der Erfolg zurückgekehrt. Eigentlich kein Wunder, denn mit der Wasserballlegende sind alle Höhepunkte der letzten Jahrzehnten verbunden: Als Spieler führte er die Auswahl des Deutschen Schwimm-Verbandes 1981 und 1989 zum EM-Titel, 1982 als Dritter zur einzigen WM-Medaille und 1984 zu Olympiabronze. Als Bundestrainer baute er eine neue Mannschaft auf, die bei Olympia 2004 Fünfter wurde und von 2007 bis 2011 dreimal in Folge das WM-Viertelfinale erreichte.

Als er 2012 nach dem Verpassen der Sommerspiele in London aufhörte, gingen die Wasserballer unter. Gegen seinen Nachfolger Nebojsa Novoselac rebellierten die Spieler, aufgrund der ausbleibenden Erfolge wurden die Fördermittel gekürzt - die Sportart stand vor dem Exitus. »Klinisch tot war Wasserball nicht, das ist übertrieben«, betont Stamm, der sich Anfang 2017 nach kurzer Interimstätigkeit zu einer zweiten Amtszeit überreden ließ. »Ich musste die Jungs wieder motivieren«, gibt er zu, »aber es hat sich gelohnt. Wir haben Talente integriert, die Mannschaft ist wieder eine Einheit.« Erster Erfolg: Die Wasserballer qualifizierten sich im September 2018 für die WM in Gwangju. Hier wollen sie wieder unter die ersten Acht der Welt. Mit Japan, Brasilien und Italien ist die Vorrunde ab Montag machbar, »der Wasserballgott hatte bei der Auslosung eine deutsche Badehose an«, meint Stamm.

Der Bundestrainer wird zwar weiterhin nur wie für einen Halbtagsjob bezahlt, doch die öffentlichen Gelder fließen wieder. »Wir können alle Maßnahmen und Turniere absolvieren«, sagt Stamm, der Deutsche Olympische Sportbund und das Innenministerium »haben an unsere Konzeption geglaubt«.

Doch: Es müssen Erfolge her. Das wichtigste Ziel ist Tokio 2020 - nicht nur für Sohn Marko. Der Weg dahin ist steinig. Die Direkttickets als Europameister, Weltmeister, WM-Zweiter oder Weltligasieger sind außer Reichweite. Über das Qualifikationsturnier im Frühjahr will Stamm senior noch einmal Olympia erreichen - zum insgesamt sechsten Mal. Dann ist definitiv Schluss. »Es wird«, sagt er, »in Zukunft auch ohne mich gehen.« Zweifel sind angebracht. SID/nd

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