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»Wir sind alle Marega«

Affenlaute während eines Fußballspiells sorgen für einen Eklat im portugiesischen Fußball / Regierungschef steht hinter dem Spieler Marega

  • Lesedauer: 3 Min.

Porto. Der portugiesische Fußball wird von einem Rassismus-Skandal erschüttert. Nach den Beleidigungen und Affenlauten gegen FC-Porto-Profi Moussa Marega meldete sich sogar der Regierungschef zu Wort. »Kein Mensch sollte einer solchen Erniedrigung ausgesetzt werden«, schrieb der sozialdemokratische Ministerpräsident António Costa am Montag auf Twitter. Der Politiker, dessen Vater aus dem indischen Goa stammt, betonte nach dem Vorfall beim Liga-Spiel zwischen Vitoria Guimarães und Bayer Leverkusens Europa-League-Gegner FC Porto am Sonntagabend, Rassismus sei »ein Verbrechen« und »inakzeptabel«.

Was war passiert? Marega hatte am Sonntagabend wenige Minuten nach seinem Siegtor zum 2:1 (60.) wütend das Spielfeld verlassen, weil Fans ihn beleidigt und Affengeräusche gemacht hatten. Der Fußball-Nationalspieler aus Mali ließ sich weder von seinen Teamkollegen noch von Trainer Sérgio Conceição oder Profis des Gegners von seinem Vorhaben abbringen.

»Wir sind alle Marega«, titelte am Montag die Fachzeitung »A Bola«. »Tore habe keine Farbe«, lautete die Schlagzeile der Zeitung »Jornal de Noticias«. Medien sprachen von einem »in Portugal nie da gewesenen Zwischenfall«. Wer die harte Rivalität zwischen Porto und Rekordmeister Benfica Lissabon kennt, der wird die Reaktion des Hauptstadtclubs besonders schätzen. »Dem Rassismus die Rote Karte zeigen«, forderten die »Adler« auf einem Video auf Twitter.

Marega verließ in der 70. Minute das Spielfeld. Für seine Entschlossenheit erntete der 28-Jährige Anerkennung. »Marega 5:0 gegen Rassismus«, titelte auf Seite eins die Sportzeitung »Record«. Ministerpräsident Costa lobte: »Marega hat gezeigt, dass er nicht nur ein großer Fußballer, sondern auch ein großer Mensch ist.« Auch im Ausland sorgte das Handeln für Aufsehen. »Vorbildhafte Aktion«, schrieb die spanische Fachzeitung »AS«. Der Bundesligist Werder Bremen forderte via Twitter »klare Kante gegen Rassismus«.

Auf dem Weg in die Kabine streckte Marega beide Daumen nach unten. Als die Beleidigungen nicht aufhörten, zeigte er beide Mittelfinger. Von versöhnlichen Worten wollte der Profi, der am Donnerstag in der Europa League bei Bayer Leverkusen antritt, nichts wissen. Auf Instagram schrieb er: »Diesen Idioten, die ins Stadion gehen, um rassistische Schreie auszustoßen, möchte ich sagen ... fick dich«.

Marega ärgerte auch der Umstand, dass der Schiedsrichter ihn nach dem Tor verwarnte, weil er beim Jubeln einen der Sitze über dem Kopf gehalten hatte, die von Fans aufs Feld geworfen worden waren. »Und ich bedanke mich bei den Schiedsrichtern, dass sie mich nicht verteidigt und mir die Gelbe Karte gezeigt haben, weil ich meine Hautfarbe verteidigt habe.« Den Unparteiischen Luis Miguel Godinho bezeichnete er als »eine Schande«, er wolle ihn »nie wiedersehen«.

Laut Trainer Sérgio Conceição sei Marega schon beim Aufwärmen beleidigt worden. Beim Eklat hatte er Richtung Fans geschrien: »Das ist eine Schande, verdammt nochmal!« Der FC Porto bezeichnete den Zwischenfall als einen »Tiefpunkt« des Fußballs in Portugal. »Wir sind völlig empört«, sagte Conceição: »Wir sind eine Familie, unabhängig von Nationalität, Haut- oder Haarfarbe. Wir sind alle Menschen, wir verdienen Respekt.« Im Netz postete er ein Foto von Marega mit der Zeile »Wir sind alle Moussa«.

Der Skandal von Guimarães weckt Erinnerungen an Samuel Eto'o. Der Stürmer aus Kamerun wollte 2006 auch das Feld in Saragossa verlassen, als er im Trikot von Real Mallorca rassistisch beleidigt wurde. Nach langer Diskussion ließ er sich aber von Mitspielern zum Weitermachen überreden. Ende vorigen Jahres hatte es ähnliche Szenen in der italienischen Serie A mit Mario Balotelli gegeben.

In den sozialen Netzwerken in Portugal hieß es in zahlreichen Kommentaren, alle Porto-Profis hätten aus Protest nicht weiterspielen sollen. Die portugiesische Liga versicherte, man werde »alles tun, damit Fälle von Rassismus nicht ungestraft bleiben«. Solche Zwischenfälle »beschämten den Fußball und die Menschenwürde.«

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