1000 Liter am Tag für die Deutsche Bahn

  • Wilhelm Pischke
  • Lesedauer: 2 Min.

In einem Industriegebiet am Rande von Brandenburg an der Havel wirbeln drei Chemielaboranten in einer Lagerhalle. Ausgestattet mit Gesichtsschutz und Messbehältern mischen sie nach und nach in Hunderten Kanistern Desinfektionsmittel für die Deutsche Bahn an. Insgesamt etwa 1000 Liter des Handdesinfektionsmittels gingen hier in etwa täglich raus, sagt die Leiterin des Umweltlabors der Bahn, Tabea Mettler-Altmann.

Die Arbeit sei kein Hexenwerk, betont Mettler-Altmann. Wer eine hochmoderne Abfüllanlage erwartet, wird enttäuscht. »Die Herstellung des Desinfektionsmittels ist eine simple Labortätigkeit.« Die Mitarbeiter stellten das Gemisch neben dem normalen Tagesbetrieb her, so Mettler-Altmann. »Das ist keine tagesfüllende Aufgabe und dennoch ziehe ich den Hut vor dem Einsatz unserer Belegschaft.«

Seit etwa einem Monat werde in dem Labor, in dem normalerweise Boden- und Schotterproben auf Gift- und Schadstoffe untersucht werden, Handdesinfektionsmittel produziert, sagt Philipp Tentrop, Leiter des Umweltservices der DB Engineering & Consulting GmbH. Als der Engpass bei Desinfektionsmitteln zu Beginn der Krise auch bei der Bahn spürbar wurde, kam der Gedanke, das Labor für die Herstellung zu nutzen. Eine Rezeptur - veröffentlicht von der Weltgesundheitsorganisation - habe man schließlich umgesetzt. Lediglich vier »Rohstoffe« habe man dafür beschaffen müssen: den Hauptbestandteil Isopropanol, Wasserstoffperoxid, Wasser und Glycerol. Hinzu kamen Ausgaben für die Kanister und den Arbeitsschutz. »Wir liegen mit unseren Kosten bisher im fünfstelligen Bereich«, sagt Laborleiterin Mettler-Altmann.

Das Desinfektionsmittel kommt nach Angaben einer Bahn-Sprecherin an verschiedenen Stellen im Konzern an. Wie lange die Produktion des Desinfektionsmittels am Standort Brandenburg weiterlaufen soll, ist noch ungewiss. »Es soll nicht unser Standardgeschäft werden«, betont Tentrop. Bis Ende des Jahres werde man aber voraussichtlich noch weiterproduzieren. »Wir merken, dass der Bedarf noch da ist. Die DB Regio hat erst vor Kurzem nachgeordert.« Mit der laufenden Herstellung habe die Bahn einen verlässlichen Lieferanten, sagt Tentrop.

Nun sieht der Verbund für Angewandte Hygiene die Herstellung von Desinfektionsmitteln von vermeintlich »fachfremden« Unternehmen mitunter durchaus kritisch. Philipp Tentrop kann diese Kritik zwar nachvollziehen, sieht sein Labor jedoch nicht als »fachfremd« an. »Wir liefern hier ganz klare Apothekenqualität.« Außerdem sei die Herstellung des Desinfektionsmittels internationalisiert und recht simpel. Die 40 Mitarbeiter sind mit der zusätzlichen Tätigkeit zufrieden. »Für uns ist das auch mal eine willkommene Abwechslung«, sagt etwa Chemielaborant Ron Peterlein. dpa/nd

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