Neues Adoptionshilfe-Gesetz diskriminiert gleichgeschlechtliche Paare

Der Bundestag stimmt für Änderungen beim Adoptionsgesetz. Kritik kommt von Grünen, Linke und dem Lesben- und Schwulenverband

  • Birthe Berghöfer
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Donnerstagabend stimmte der Bundestag einem Entwurf zum Adoptionshilfe-Gesetz zu. Er sieht vor, das Verfahren der Stiefkindadoption neu zu regeln: Derzeit können unverheiratete Paare nur dann das Sorgerecht für ein Stiefkind erhalten, wenn das leibliche Elternteil außerhalb der Beziehung auf das Sorgerecht verzichtet. Zukünftig sollen alle an der Adoption Beteiligten besser unterstützt und durch spezialisierte Fachkräfte begleitet werden. »Dafür werden ein Rechtsanspruch auf nachgehende Begleitung sowie bei Stiefkindadoptionen eine verpflichtende Beratung aller Beteiligten durch eine Adoptionsvermittlungsstelle vor Ausspruch der Adoption eingeführt«, heißt es in dem Gesetz. Die Neuregelung tritt am 1. Juli in Kraft.

Künftig sollen Adoptiveltern auch nach der Adoption einen Rechtsanspruch auf Beratung haben. Die Herkunftseltern, die ihr Kind zur Adoption freigegeben haben, erhalten einen Anspruch auf Informationen aus der Adoptionsfamilie, wenn alle Beteiligten damit einverstanden sind. Ausdrücklich verboten ist es in Zukunft, Kinder im Ausland zu adoptieren, wenn dieses Verfahren nicht durch eine offizielle Adoptionsvermittlungsstelle begleitet wird. Die Neuregelungen treten am 1. Juli in Kraft.

Kritik kommt von der Opposition sowie dem Lesben- und Schwulenverband (LSVD). Die Zwangsberatung betreffe vor allem lesbische Paare. Denn Partnerinnen – auch in einer Ehe – erhalten aktuell nicht beide das Sorgerecht für ihr Kind. Bei heterosexuellen Paaren hingegen wird der Ehemann automatisch als Vater eingetragen, auch wenn dieser nicht der leibliche Vater ist. In der Praxis müssten sich somit gleichgeschlechtliche Paare der nun vorgesehenen Zwangsberatungen unterziehen, heterosexuelle hingegen nicht. Auch von den neuen Beratungsangeboten würden einseitig nur heterosexuelle Partnerschaften profitieren.

Bereits im Oktober kritisierte der LSVD die geplante Änderung. In einer Stellungnahme hieß es, das Adoptionshilfe-Gesetz stelle eine Verschärfung der Diskriminierung lesbischer Paare dar. Gleichzeitig wies der Verband auf die völlig andere Ausgangslage von Frauenpaaren hin: »Bei Zwei-Mütter-Familien werden die Kinder als Wunschkinder in die Partnerschaften der Frauen hineingeboren.« Demgemäß gibt es zum Beispiel bei Frauenpaaren auch keinen ‚abgebenden Elternteil‘.

Auch Carola Ebhardt und Elia Scaramuzza, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft SPDqueer, bezeichneten die Ungleichbehandlung von Regenbogenfamilien durch das neue Adoptionshilfe-Gesetz als »einen entscheidenden Fehler«. In ihrer Pressemitteilung heißt es: »Dieser Vorgang fügt sich in eine lange Reihe diskriminierender Entscheidungen der Unions-Fraktion im Deutschen Bundestag und ist für die SPDqueer nur ein weiterer Beleg dafür, dass dort ein Menschen- und Familienbild aus dem vergangenen Jahrhundert vorherrscht.«

Sowohl die Linke als auch die Grünen hatten zuvor Änderungsanträge für den nun beschlossenen Gesetzentwurf eingereicht. Die grüne Bundestagsfraktion schlug zudem eine Reform des Abstammungsrechts vor.

Gegenüber »mdr« erklärte die sächsische Landtagsabgeordnete der Grünen, Lucie Hammecke, alle Kinder sollten bei der Geburt sofort zwei rechtlich vollwertige Eltern haben. Es dürfe »nicht erst eine aufwendige und auch langwierige Stiefkindadoption erfolgen«. Zwar hätte es schon Vorschläge für eine Änderung im Abstammungsrecht von Seiten der SPD gegeben. Die Partei habe sich aber laut Hammecke nicht gegen die CDU durchsetzen können.

Mit der Petition »Gleiche Rechte für Regenbogenfamilien« forderte der LSVD bereits im Januar die sofortige Reform des Abstammungsrechts. »Zwei-Mütter-Familien dürfen nicht zu den Leidtragenden einer verschleppten Abstammungsreform werden«, so der LSVD. Und weiter: »Ein modernes Abstammungsrecht muss alle Regenbogenfamilien zudem in ihrer Vielfalt endlich rechtlich anerkennen und absichern! Die jetzige rechtliche Diskriminierung geht zu Lasten der Absicherung von Kindern in Regenbogenfamilien. Kein Kind darf jedoch aufgrund seiner Familienform benachteiligt werden.«

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