Situation von Flüchtlingskindern in Europa schlechter

Seit 2015 mindestens 700 Kinder beim Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen gestorben

  • Lesedauer: 2 Min.

Brüssel. Die Chance auf ein Bleiberecht in der EU ist für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge laut einer Untersuchung deutlich gesunken. Die Kinder und Jugendlichen lebten in ständiger Angst, inhaftiert oder abgeschoben zu werden, erklärte die Kinderhilfsorganisation »Save the Children« am Mittwoch in Brüssel. Zudem hätten seit 2015 viele EU-Staaten die Grenzen geschlossen und die Familienzusammenführung erschwert. »Es ist inakzeptabel, wie Europa Kinder in ihrer größten Not behandelt«, erklärte die Europa-Direktorin der Organisation, Anita Bay Bundegaard.

Zum fünften Todestag des syrischen Jungen Alan Kurdi, der am 2. September tot an die türkische Küste geschwemmt wurde, veröffentlichte das Hilfswerk den Bericht »Protection Beyond Reach« über die Auswirkungen der EU-Migrationspolitik auf Kinder. »Die europäischen Staats- und Regierungschefs waren damals die ersten, die 'Nie wieder' postulierten«, erklärte Bay Bundegaard. »Danach haben sie die Routen für Migranten und Flüchtlinge nach Europa noch beschwerlicher und gefährlicher gemacht.« Mindestens 700 Kinder seien in den vergangenen fünf Jahren beim Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen gestorben.

Seit August 2019 strandeten demnach im Schnitt jeden Tag 10.000 Kinder auf den griechischen Inseln, 60 Prozent von ihnen seien jünger als zwölf Jahre. Doch laut dem Bericht waren von 35.000 Asylbewerbern, die in den vergangenen fünf Jahren aus Griechenland und Italien umgesiedelt wurden, nur 834 unbegleitete Kinder.

Insgesamt beantragten etwa 210.000 unbegleitete Minderjährige laut Bericht in den vergangenen fünf Jahren Asyl in der EU. Die tatsächliche Zahl alleinreisender Kinder und Jugendlicher sei aber vermutlich deutlich höher. Viele von ihnen führten ein Schattendasein und seien von Polizeigewalt, Ausbeutung und Missbrauch bedroht. Allein in Griechenland hätten sich im März dieses Jahres 331 Kinder in Haft befunden.

Zwar habe es auch einige Verbesserungen gegeben wie eine Erklärung der EU-Kommission zum Schutz von Kindermigranten oder die Anhebung des Alters für selbstständige Asylverfahren in Deutschland von 16 auf 18 Jahre. Aber die Verbesserungen würden überschattet von einer allgemeinen Abschottungspolitik und Maßnahmen, die Kinder von Europa fernhalten sollen, sagte Bay Bundegaard. »Europa muss Lehren aus der Vergangenheit ziehen. Eine neue Migrationspolitik darf nicht auf Kosten von Kinderleben gehen.« epd/nd

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