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Die Solidarität geht weiter

30 Jahre SODI sind noch lange nicht genug

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 4 Min.

»Wir haben uns zu diesem Erbe entschlossen aus Verantwortung gegenüber einer der größten Herausforderungen unserer Zeit, aus der Verpflichtung heraus, Menschen in Not […] Hilfe leisten zu müssen, und um denen beizustehen, die Opfer der heutigen Weltordnung sind.« Diese Worte sind fast 30 Jahre alt und sind dennoch aktuell. An Opfern der Weltordnung fehlt es auch heute nicht. Selbst die Coronakrise trifft die Ärmsten am stärksten, jene, die keine Rücklagen haben und die sich ein Zuhausebleiben nicht leisten können, sofern sie überhaupt eines haben.

Diese Worte fielen auf der Pressekonferenz im Haus der Demokratie im August 1991. Sie kamen aus dem Mund von Professor Hartmut Schilling, Gründungsmitglied von SODI. Der Verein war da noch kein Jahr alt. Im Oktober 1990 wurde der Solidaritätsdienst International e. V. als Nachfolger des Solidaritätskomitees der DDR gegründet. Es war eine schwere Geburt, denn auch die Treuhandanstalt hatte ein Auge auf die Gelder des DDR-Solidaritätskomitees geworfen. Doch die für das Solidaritätskomitee geleisteten Spenden konnten im Rahmen des »Entwicklungspolitischen Runden Tisches« für die weitere Finanzierung der internationalen Solidarität gerettet werden. Ein Teil stellte den Grundstock für die weitere Arbeit von SODI, der Großteil floss in die 1994 gegründete Stiftung Nord-Süd-Brücken, die damit seitdem erfolgreich entwicklungspolitische Arbeit ostdeutscher Nichtregierungsorganisationen unterstützt.

»Wenn wir heute auf 30 Jahre SODI schauen, sehen wir auch die vielfältigen historischen Wurzeln der solidarischen Arbeit vor 1990. Im Juli 1960 wurde das Solidaritätskomitee für Afrika in der DDR gegründet. Es ist ein anerkennender, aber auch kritischer Blick auf 60 Jahre Solidarität mit dem Globalen Süden, aus dem wir lernen und uns weiterentwickeln. Mit den Menschen in Vietnam, Laos, Mosambik, Namibia und Südafrika oder auch Nicaragua sind wir seit Jahrzehnten verbunden und werden dies auch weiterhin sein«, sagt Dr. Rolf Sukowski, der amtierende Vorstandsvorsitzende bei SODI.

In den vergangenen Jahren sind einige Länder hinzugekommen, in denen Solidaritätsprojekte durchführt werden. Nepal, die Demokratische Republik Kongo, Kamerun und Serbien zum Beispiel. Ein Land, mit dem SODI seit Jahren kooperiert, ist Vietnam. Seit 13 Jahren realisiert der Verein dort mit dem DWC (Center for Promoting Development for Women and Children) Projekte.

Von Anfang an dabei auf vietnamesischer Seite ist Bui Thi Kim. Sie bezeichnet im Skype-Gespräch mit »nd« Deutschland als ihre zweite Heimat, hat in Dresden Wirtschaftswissenschaften studiert und von 1975 bis 1981 und von 1989 bis 2000 in Deutschland gelebt. »Angefangen haben wir 2007 mit einem Projekt für die Rechte von Kindern in der Provinz Thanh Hoa im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention«, sagt Bui Thi Kim, die inzwischen als Direktorin das DWC leitet. Dieses Projekt sei sehr erfolgreich gewesen, auch bei der Vermittlung des Bewusstseins an die Bevölkerung, dass Mädchen nicht weniger wert seien als Jungen. Traditionell wurde die Familienplanung in Vietnam oft so lange fortgesetzt, bis es einen Stammhalter gab, obwohl in den armen Gegenden mehr als zwei Kinder schwer zu ernähren seien, erzählt Kim.

2007 trat in Vietnam auch die Rechtsverordnung zur Basisdemokratie in Kraft, die der Bevölkerung Mitspracherecht bei der Planung von Infrastrukturprojekten in ihren Gemeinden einräumt. Raum für diesen Austausch bieten die Projekte von SODI und DWC bereits seit 2015. »Zuvor haben wir eher ›von oben‹ für die Dorfbevölkerung geplant, jetzt arbeiten wir mit dem Community-Management-Ansatz, damit die Menschen aktiv ihre Zukunft gestalten können«, berichtet Kim. So haben die vier Dörfer des Projekts bis 2018 über 20 Maßnahmen in die Tat umgesetzt, zum Beispiel den Ausbau von Straßen oder Bewässerungskanäle für die Reisfelder. Die Ernte konnte so gesteigert und der Arbeitsaufwand gesenkt werden. Vor allem Frauen haben durch das verbesserte Gemeinschaftswesen immer mehr Mut, in Versammlungen ihre Meinung kundzutun. Seit 2019 sollen gleiche Bestrebungen nun in weiteren vier Dörfern der besonders von Armut betroffenen Gemeinden Viet Hong und Hong Ca umgesetzt werden.

Die Covid-19-Pandemie macht die Arbeit nicht einfacher. Die Versorgung mit Lebensmitteln sei auf dem Land gesichert. »Die Bauern beackern weiter ihre Felder und beachten dabei natürlich die Abstandsregeln«, sagt Bui Thi Kim.

Die Pandemie fällt mitten ins SODI-Jubiläumsjahr. Für die seit Anfang Februar amtierende Geschäftsführerin Anna Goos machte das den Start nicht leichter, aber es habe sich gezeigt, dass der Verein gut aufgestellt sei: »Das Team konnte schnell auf die Arbeit aus dem mobilen Büro heraus umstellen - das war dringend nötig.« Härter von den Coronafolgen getroffen seien nämlich viele Projekte. »Wir mussten gemeinsam mit unseren Partnern, deren Büros zeitweise sogar versiegelt waren, viel Arbeit in die Umgestaltung der Projekte stecken und auch geplante Projektaktivitäten durch Covid-19-Präventionsmaßnahmen ersetzen«, erzählt Goos.

Für die Zukunft hat sie klare Vorstellungen: Das Profil weiter schärfen, SODI als lernende Organisation stärken und behutsam wachsen. »Wir wollen nicht nur per Lippenbekenntnis auf der moralisch richtigen Seite stehen, sondern wirklich etwas tun«, lautet dabei ihr Credo.

Spendenkonto:

Solidaritätsdienst International e. V. Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE33 1002 0500 0001 0201 00
BIC: BFSWDE33BER

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