Jobcenter zahlt die Kosten für die Berufskleidung bei Azubis

Urteil des Landessozialgerichts

  • Lesedauer: 2 Min.

Nun gibt es eine wichtige Entscheidung zu Gunsten der Betroffenen, teilt das Rechtsportal anwaltauskunft.de mit. Nach dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. Mai 2020 (Az. L 11 AS 793/18) ist das Jobcenter dazu verpflichtet, die Berufskleidung für Azubis zu bezahlen.

Der damals 17-jährige Schüler, dessen Familie Hartz-IV-Leistungen bezieht, klagte gegen das Jobcenter. Er wollte den Beruf des Kochs lernen. Dazu brauchte er zu Beginn der Berufseinstiegsschule eine Bekleidungsgarnitur. Ein neues Set von der Mütze bis zu den Schuhen kostete 115 Euro. Eine Leihe war nicht möglich. Der Schüler wollte nunmehr den Kaufpreis vom Jobcenter erstattet bekommen. Er könne den zusätzlichen Bedarf nicht anders decken, argumentierte er.

Das Jobcenter lehnte den Antrag aber ab. Der Schüler erhalte bereits Pauschalbeträge für den Schulbedarf. Davon müsse er sämtliche Gegenstände finanzieren, die für den Schulbesuch erforderlich seien. Weitere Beihilfen seien gesetzlich nicht vorgesehen. Alles Weitere müsse also aus dem Regelbedarf bestritten werden.

Dagegen klagte er mit Erfolg. Das Landessozialgericht verurteilte das Jobcenter dazu, die Kosten zu übernehmen. Die Anschaffungskosten für schulische Berufskleidung könnten nicht vom Regelbedarf gedeckt werden. Ein hilfebedürftiger 17-Jähriger erhalte eine monatliche Regelleistung von 306 Euro. Davon könne er die Kosten für die Berufskleidung nicht ansparen.

Das Gericht sah darin eine offensichtliche und evidente Bedarfsunterdeckung, womit das menschenwürdige Existenzminimum nicht gewährleistet werde. Auch werde Berufskleidung nicht von der Schulbedarfspauschale erfasst. Dazu zähle lediglich die persönliche Ausstattung wie Ranzen und Turnzeug sowie Gebrauchsmaterial zum Schreiben, Rechnen und Zeichnen.

Wegen dieser Bedarfslücke sah sich das Gericht gezwungen, das Gesetz verfassungskonform auszulegen. Der Gesetzgeber sei erkennbar gewillt gewesen, das Existenzminimum von Schülern zu decken. Da dies mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht möglich sei, müsse die Lücke vom Gericht geschlossen werden. DAV/nd

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