Lyften fyr mehr frysche Lyft

Mit dem richtigen Buchstaben werden Trends gesetzt

  • Adrian Schulz
  • Lesedauer: 3 Min.

Wie umgehen mit der Coronakrise? Abhilfe versprechen die richtigen Milchprodukte - und Marketingbuchstaben.

First things first: Am 8. Januar 2005 versuchte eine unbekannte Frau mit einem Adventskranz auf dem Kopf, eine Filiale der City-Bank in Hamburg-Altona zu überfallen. Sie scheiterte, auch weil sie keine Waffe bei sich trug. »Ich heiße Maria Haut«, rief sie laut Augenzeugen.

Ein toller Name ist das. Wenn ich das so genannte Kleingeld besäße, würde ich eine christliche Puddingfirma aufmachen und so nennen: Maria Haut. Aber, Fluch der Kommunikation, habe ich das ja jetzt verraten. Jede und jeder kann nun eine solche Firma aufmachen.

Trost spendet das neue Rewe-Werbeplakat in meiner Nachbarschaft. »Kannst du dir den Weg zum Discounter sparen?«, wird dort nach bewährtem Gospelschema gefragt, und die Frage direkt im Anschluss beantwortet. »Ich sage ja!« Wer auch »ja« sagt, ist also endlich nicht mehr allein.

Sondern, zum Beispiel, in Gesellschaft der älteren Frau, die auf dem Plakat abgebildet ist. In der einen Hand hält sie eine Schüssel mit Joghurt, in der anderen auf Höhe des Ohrs einen (völlig sauberen) Löffel, und den Mund hat sie zugleich gebläht und zusammengekräuselt, vermutlich, um den enthaltenen Joghurt bereits auf die ihn erwartende Darmperestaltik vorzubereiten, die ihn der Frau innerlich einmassieren wird.

Aber nein, es ist ja gar kein Joghurt, den sie da im Mund zu haben vorgibt - sondern Skyr. Die Laktatmarmelade aus Island ist für geübte Supermarktgänger*innen natürlich nichts Neues; eine so vollkommene Verkörperung dieses Produkts habe ich jedoch nirgends gesehen.

Über den Skyr-Buchstaben Y, der zum Hipster-Inventar der »Generation Y« gehört wie überteuerte Second-Hand-Kleidung, habe ich mich an dieser Stelle schon anlässlich der neuen Bahnfarbe Burgundy amy-, äh, amüsiert. Neulich kam mir dann der Gedanke, dass es sehr zeit- und epidemiegemäß wäre, statt des supergemütlichen Hygge-Magazins samt angeschlossenem Nimm’s-nicht-so-schwer-Faschismus eine Zeitschrift namens Lyften auf den Markt zu bringen; auch, um selbige, aufgrund ihrer Tendenz zum Übermaß verpönte Wohnpraxis zu popularisieren. Es ginge darin um Luft- (bzw. Lyft-)bewegungen aller Art, vornehmlich um die viruswegpustender, fryscher Lüft, Lift, Luft. So wie ein Löffel Skyr die Zunge, kräuselt Lyften den Körper, macht ihn kalt und widerstandsfähig. Gerade das muss für die nächsten sechs bis tausend Monate als hip gelten.

Und ist das Lyften irgendwann endlich abgeschlossen, so hat man den Raum voller lyftiduft. Auf Isländisch heißt das Backpulver. Das gibt es natürlich am besten - bei Rewe.

Hände hoch! Oder ich sage ja!

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