Sonnengruß für Fortgeschrittene

In Berlin kamen mehr als 100 Menschen zu einem Yoga-Festival zusammen

  • Sarah Salin
  • Lesedauer: 4 Min.
Yoga im Grünen mit Camping am Wannsee. Von Lach-Übungen bis hin zu Hormon-Yoga kann beim Berliner Yoga-Festival alles ausprobiert werden. Nicht nur stressgeplagte Frauen mittleren Alters fühlen sich angesprochen.
Monika Handtke lehrte Yoga mit indischen Wurzeln und östlicher Weisheit.
Monika Handtke lehrte Yoga mit indischen Wurzeln und östlicher Weisheit.

Elegant, wie Panthern gleich, bewegen sie sich im blauen Dress. Einheitlich gekleidet führen drei Frauen und ein Mann auf einer Wiese am Berliner Wannsee eine Abwandlung des Sonnengrußes vor. Die dynamischen Bewegungen haben rund 100 Teilnehmer des Yoga-Festivals angezogen. Sie bilden einen großen Kreis.

Der Workshop war Teil des Berliner Yoga-Festivals mit insgesamt mehr als 5000 Gästen, das am Sonntag nach vier Tagen im Kulturpark Kladow zu Ende ging. Als europaweit größtes Festival seiner Art versuchte es erneut eine Mischung aus gesundheitlichen, philosophischen, psychologischen, kulturellen und sportlichen Aspekten im Yoga.

»Damit nach dem Sonnengruß die Energie im Körper aufrechterhalten wird, schlagen wir uns alle nach der Übung mit unserer Hand auf den inneren rechten Oberschenkel«, sagte Alexander Kutschera, der zusammen mit Hendrik Unger die Open-Air-Stunde in Kalari-Yoga leitete. Anspruchsvolle Übungen wurden gezeigt, bei denen sich beispielswiese im Gehen mit gestrecktem Bein mit diesem Bein in eine Handfläche geklatscht wird.

Die meisten Festivalbesucher können dies nicht nachmachen. »Aber viele Anregungen kann man sich hier holen«, sagt die Berlinerin Rebekka Mastner. Sie besucht das Festival schon seit mehreren Jahren: »Wenn ich ehrlich bin, habe ich hier schon viel mehr Yoga kennengelernt, das mir nicht gefallen hat, als Übungen, die ich toll fand«, sagt die hauptberufliche Künstlerin. Aber dennoch möge sie das Festival sehr: »Es ist eben offen für verschiedene, ausgefallene Yoga-Stilrichtungen.«

So tanzen unter Anleitung von Mala Ullal Frauen durch ein Zelt, um ihre Weiblichkeit auszuleben. Es gibt Hormon Yoga und Shakti Dance, aber auch klassische Stunden für Anfänger und Fortgeschrittene. Miriam Kretzschmar und Stefan Datt vom Berliner Verein »Lernen in Bewegung« veranstalteten das Festival bereits im achten Jahr und boten in diesem Jahr besonders viele Workshops zum Mitmachen an.

»Denn wir sehen Yoga als einen Weg sich körperlich und geistig zu entwickeln, der heute allen Menschen offen steht«, erläutert Datt. Die Workshops bilden den Programmkern. Einige Lehrer, die auch als Gastredner auftraten, kamen sogar aus Indien. Zudem gab es Konzerte, und Jan Schmidt Garre präsentierte seinen Film »Der atmende Gott«.

Yoga unterstütze ein freundliches, mitfühlendes Wesen. Davon sind zumindest Kretschmar und Datt überzeugt. »Die Menschen hier sind einfach toll«, findet auch Mastner. Die Festivalbesucher begegnen sich freundlich und machen einen entspannten Eindruck. Viele tragen bequeme Kleidung in bunten, fröhlichen Farben. Die aufgebauten Zelte vermitteln eine Campingurlaub-Atmosphäre. Kinder werden auf der Wiese gewickelt. Es gibt Chai-Tee zu trinken, und manch einer schwimmt sogar im Wannsee.

Angelika Beßler, Vorstandsvorsitzende des Berufsverbandes der Yogalehrenden in Deutschland (BDY) mit Sitz in Göttingen, denkt, dass das Zelten und die Aktivitäten im Freien vor allem die vielen jungen Menschen anzieht. Das große »Outdoor-Angebot« sei im Vergleich zu anderen Yoga-Konferenzen schon ganz besonders. »Es ist ein Festival wie ein großer, bunter Markt.«

»Es ist ein wunderschöner Veranstaltungsort«, findet auch Friedmann Eißler, Referent bei der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) in Berlin. Das Festival biete eine ganzheitliche Erfahrung, sagt der Theologe, der es schon in mehreren Jahren besuchte. Es falle jedoch auf, dass soziale und politische Aspekte komplett außen vor bleiben. »Wir nehmen Yoga auf unterschiedliche Weise wahr«, sagt der Referent für östliche Spiritualität zu der indischen Lehre.

Auffallend sei auch das weite Spektrum über Hatha- oder Bhaktiyoga bis hin zum Lach- oder Familienyoga. Zahlenmäßig betrachtet nutze in Deutschland die Mehrheit der Schüler Yoga als Entspannungstechnik und zur Stärkung von Körperwahrnehmung und Fitness. Die klassische Zielgruppe von Kursanbietern seien Frauen mittleren Alters, die ein Mittel zur Stress- oder Schmerzreduktion suchten und ihre eigene Köperwahrnehmung schulen möchten, schätzt Eißler.

Dennoch seien Asanas, wie die Übungen beim Yoga heißen, natürlich kein Turnen, sagt der Theologe: »Für alle, die Yoga ernsthaft ausüben, ist die spirituelle Komponente der Ursprung.« Das betont spirituelle Yoga werde immer häufiger praktiziert: »Gerade junge Menschen wenden sich vermehrt dem Yoga Vidya zu, das die hinduistischen Aspekte mehr in den Vordergrund stellt.«

www.yogafestival.de

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal