»Wir wollten nicht schon wieder versagen«

Torhüterin Nadine Angerer über ihre Rolle als große Schwester im Team der Europameisterinnen und ihre Zukunft

  • Lesedauer: 3 Min.
NADINE ANGERER kam mit Mütze und einer Tasse Kaffee. Aber ohne Pokal. Der Spielführerin der DFB-Elf stand es fern, etwa mit der Trophäe die Nacht zu verbringen. Obwohl die Torhüterin mit zwei Elfmeterparaden den Grundstein zum achten EM-Titel legte. Am Montag sprach die 34-Jährige über die wilde Partynacht, stressige EM-Momente und ihre bewegte Zukunft.

nd: Haben Sie den EM-Titel ordentlich gefeiert?
Angerer: Ja, wir waren die ganze Nacht zusammen, haben getanzt und getrunken. Feiern kann diese Mannschaft nämlich auch ganz gut.

Sind Sie als Kapitänin so etwas wie die große Schwester für ihre Mitspielerinnen?
Das trifft es. Mein Regiment besteht nicht darin, dass ich etwas vorgebe und die anderen folgen mir. Die Jüngeren müssen ihren eigenen Weg gehen. Man muss sie laufen lassen und nur ein Machtwort sprechen, wenn es nicht läuft.

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Das haben Sie auch getan. Was genau ist vor dem Viertelfinale gegen Italien passiert, als die deutsche Mannschaft dann endlich als Gemeinschaft auftrat?
Nach der Vorrunde war ich ich total sauer. Ich wusste, was in der Mannschaft steckt, dass sie es aber nicht abruft. Wir haben uns dann ohne Trainerin zusammengesetzt. Wir wollten nicht schon wieder versagen wie bei der WM 2011.

Sie konnten als gutes Vorbild vorangehen: Die Bundestrainerin hat ja verraten, dass Sie sechs Kilo für die EM abgenommen haben.
Oh Gott, das wieder. Ich war ja nicht dick vorher, sondern habe einfach mein Training umgestellt.

Wie denn?
Crossfit heißt die Methode. Jede Übung beansprucht ganzheitlich die Muskulatur, möglichst den ganzen Körper. Ich habe jetzt meine besten Ausdauerwerte, meine besten Sprintwerte, meine beste Sprungkraft.

Haben Sie bei den beiden Elfmetern an das WM-Finale 2007 gedacht, als Sie den Elfmeter gegen Brasilien gehalten haben?
Nein. Ich war in diesem Moment einfach sauer. Die Schiedsrichterin hat echt nicht gut gepfiffen, und so wollte ich kein Spiel verlieren. Und dann sollte ich vor dem ersten Elfmeter noch das Handtuch aus dem Tor nehmen. Vor dem zweiten habe ich ihr dann gesagt, sie soll mich endlich in Ruhe lassen.

Nach der WM 2007 sind Sie zur öffentlichen Person geworden: Talkshows, Interviews, PR-Auftritte. Irgendwann wurde Ihnen das zu viel. Gehen Sie mit solchen Anfragen jetzt anders um?
Damals hatte ich keine Ahnung, was auf mich zukommt. Ich weiß, die Dinge jetzt besser einzuschätzen, die mir wichtig und nicht wichtig sind. Man kann bei einer Talkshow ja auch Dinge vermitteln, die einem wichtig sind.

Ihr Leben geht bewegt weiter: Im September folgt das Engagement in der australischen W-League bei Brisbane Roar, dann geht es in die US-amerikanische Profiliga. Dazu eine Wohnung in Frankfurt am Main, ein Haus auf Fuerteventura. Hört sich abenteuerlich an.
Das ist perfekt. Ich weiß, dass das alles kein Nachteil für mich wird. Ich bekomme neue Mitspielerinnen, sammle Erfahrungen in neuen Ligen. Das ist eine Riesenmotivation für mich.

Gespräch: Frank Hellmann

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