Baumlang, aber nicht dünnhäutig

SPD setzt mit dem bisherigen Innenminister Dietmar Woidke weiter auf das Modell des volkstümlichen Landesvaters

Brandenburgs designierter Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) darf zunächst als Garant für die Fortführung der rot-roten Koalition gelten. Trotzdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass er sich nach der Landtagswahl 2014 für die CDU als Koalitionspartner entscheidet.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat die Koalitionsfrage vor jeder Landtagswahl unbeantwortet gelassen. Bereits sein Vorgänger Manfred Stolpe (SPD) erwog 1999 eine rot-rote Koalition, bevor er dann aber einen Regierungsbund mit der CDU einging, der zehn Jahre lang hielt. Auch Dietmar Woidke hält sich bestimmt beide Optionen offen. Er kennt sie aus eigenem Erleben. Von 2004 bis 2009 war der Agraringenieur mit Doktortitel in einer rot-schwarzen Koalition Landwirtschaftsminister, danach in der aktuellen rot-roten Konstellation erst SPD-Fraktionschef und ab 2010 dann Innenminister.

In jenem Jahr flachste der Sozialdemokrat beim »nd«-Pressefest und brachte verschmitzt eine Vereinigung von SPD und LINKE ins Spiel. Der Fortsetzung der rot-roten Koalition steht mit Dietmar Woidke nichts im Wege. Die Zusammenarbeit der Sozialisten mit ihm funktioniert, auch wenn es im Detail einmal Reibereien gibt. Das wäre vielleicht anders gewesen, wenn sich die aberwitzige Idee durchgesetzt hätte, den ehemaligen Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zum Ministerpräsidenten zu küren.

Man schätze Dietmar Woidke »aus gemeinsamer Arbeit«, bestätigte Gerlinde Krahnert. Die stellvertretende Vorsitzende der märkischen Sozialisten ist zugleich Vizeregierungssprecherin. »Die gemeinsame Arbeit mit der SPD am Koalitionsvertrag und für ein solidarisches Brandenburg wird ohne Bruch weitergehen«, erwartet Krahnert. Mit den nun anstehenden Personalentscheidungen hat es während der laufenden Legislaturperiode in vier der fünf SPD-geführten Ressorts der Landesregierung einen oder mehrere personelle Wechsel an der Spitze gegeben. Bereits seit November 2009 dabei ist dann lediglich noch Sozialminister Günter Baaske (SPD). Dagegen befinden sich alle vier Minister der Linkspartei seit diesem Zeitpunkt im Amt.

Dietmar Woidke kam am 22. Oktober 1961 in Naundorf bei Forst an der polnischen Grenze zur Welt. Er studierte und arbeitete bis zur Wende an der Ostberliner Humboldt-Universität. Seit 1994 ist er Landtagsabgeordneter. Bei Terminen am Wochenende überlegt er bei gutem Wetter durchaus, ob er sich chauffieren lässt, damit er anschließend ein Bier trinken kann, oder ob er darauf verzichtet und das Motorrad nimmt. Humor zeichnet den Minister aus. Eine witzige Bemerkung fällt ihm bei passender Gelegenheit immer ein. Das freche Mundwerk erinnert ein wenig an die verstorbene Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD), die Mutter Courage des Ostens, die sich allerdings noch viel volkstümlicher gab.

Im Gegensatz zum Ministerpräsidenten Platzeck wirkt der baumlange Innenminister Woidke nie dünnhäutig. Er scheint sehr durchsetzungsstark, dabei aber nicht dickköpfig. Ein angenehmer Plausch mit dem Bürger am Stehtisch vor dem Imbiss, das liegt ihm. Diese Fähigkeit, auf einfache Menschen einzugehen und ihre Sympathie zu gewinnen, teilt er mit Matthias Platzeck und einigen anderen märkischen SPD-Politikern. Die umstrittene Polizeireform, in deren Zuge in den kommenden Jahren noch Hunderte Stellen wegfallen, trieb Woidke voran. Er tat dies jedoch weniger provozierend als sein Amtsvorgänger Rainer Speer, der Gewerkschaften und Personalräte allein schon mit seinem rüden Umgangston erboste.

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