Sie haben sich immerhin zugehört

Syrien-Vermittler Brahimi bilanzierte die erste Verhandlungswoche von Genf

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 3 Min.
Die syrischen Bürgerkriegsgegner haben ihre einwöchigen Verhandlungen in Genf am Freitag ohne konkrete Vereinbarungen beendet.

Nach den Gesprächen zog der Syrienvermittler von UNO und Arabischer Liga, Lakhdar Brahimi, ein vorsichtig positives Fazit. Zum ersten Mal in drei Jahren hätten sich die verfeindeten Parteien getroffen und darüber gesprochen, wie der Krieg beendet und Syrien vor weiterer Zerstörung bewahrt werden könne, sagte der algerische UN-Diplomat zum Abschluss am Freitag in Genf. Donnerstag hatten beide Seiten eine gemeinsame Schweigeminute für alle Toten in Syrien abgehalten. Am 10. Februar soll der Dialog weitergehen.

Der Start sei sehr schwierig gewesen, resümierte Brahimi. Die Parteien hätten sich »daran gewöhnt, in einem Raum zu sitzen, und hätten sich zugehört«. Sie seien »in akzeptabler Weise« miteinander umgegangen, es gebe einen »sehr bescheidenen Anfang, auf den wir aufbauen können«. Die Differenzen seien enorm, dennoch habe er »gemeinsame Grundlagen« erkannt, sagte Brahimi. Man sei sich einig, den Konflikt dauerhaft zu beenden, um ein Übergangsgremium einsetzen zu können. An erster Stelle stehe der »nationale Dialog, eine Überarbeitung der Verfassung und Wahlen«. Man sei sich einig, dass die humanitäre Lage in Syrien dringend verbessert werden müsse. Beide Seiten lehnten Extremismus und Terrorismus eindeutig ab.

Er sei sich klar darüber, dass die Vertreter beider Delegationen die Gespräche ganz anders darstellen würden, fügte Brahimi hinzu. Er habe absichtlich die Übereinstimmungen dargestellt, »weil wir nach vorne sehen wollen«. Wenn der politische Wille vorhanden sei, könne »dieser Anfang eine Basis bieten (…), um eine Lösung zu finden«. Die Delegationen stimmten prinzipiell der Fortsetzung der Gespräche am 10. Februar zu. Die Regierungsdelegation machte ihre Teilnahme von der Zustimmung aus Damaskus abhängig.

Der syrische Informationsminister Omran al-Zoubi sagte, man habe Brahimi gebeten, die »nationale Opposition« in die zukünftigen Gespräche einzubeziehen. Die als »Opposition« bezeichnete Delegation in Genf verträte nur westliche und US-amerikanische Interessen. Der Sprecher der Delegation der Nationalen Koalition, Louay Safi wiederholte, dass es ohne den Rücktritt von Präsident Assad keinen Fortschritt geben könne. Die Gespräche in Genf seien »das Ergebnis des Kampfes des syrischen Volkes« sagte Safi. »Das Regime wurde gezwungen, mit einer Delegation zu verhandeln, die die Wünsche des syrischen Volkes vertritt«.

Das US-Außenministerium dementierte Äußerungen des syrischen Außenministers Walid Mou’allem, wonach die US-Administration mit Syrien in Montreux »direkt verhandeln« wolle. Erst müsse US-Außenminister John Kerry sich für seine Aussagen über Präsident Assad entschuldigen, hatte Mou’allem auf dem Rückflug gesagt. Kerry hatte Assad unter anderem als »Supermagneten für Terrorismus« bezeichnet. US-Außenamtssprecherin Jen Psaki sagte AFP, die USA habe angeboten, mit der syrischen Regierung auf »Beamtenebene« durch Brahimi zu kommunizieren, »um das Leid der Syrer zu beenden«. Kerry werde sich »in keinem Punkt dafür entschuldigen, dass er die Wahrheit über die Brutalität des Assad-Regimes« geäußert habe.

Am Samstag erreichten zum dritten Mal in den letzten zwei Wochen Hilfslieferungen des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) das palästinensische Flüchtlingslager Yarmuk im Süden von Damaskus. UNRWA-Sprecher Chris Gunness sagte, UNRWA-Mitarbeiter hätten fast 3000 Hilfspakete an die Menschen in Yarmuk verteilt. Das Lager, in dem noch etwa 18 000 von einst 180 000 Palästinensern leben, ist seit Juni 2013 von syrischen Streitkräften abgeriegelt. Mit der international kritisierten Maßnahme sollen die bewaffneten Gruppen zur Aufgabe gezwungen werden.

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